Hamburg. Initiative will damit an ein düsteres Kapitel des Hamburger Kiezes erinnern – und daran, wie es den Sexarbeiterinnen damals erging.

Was wohl kaum jemand weiß: Hinter dem Mythos der berühmt-berüchtigten Herbertstraße auf St. Pauli steckt eine Nazi-Vergangenheit. Mit einem Stolperbordstein – in Anlehnung an die bekannten Stolpersteine – soll jetzt an das düstere Kapitel des Hamburger Kiezes erinnert werden.

„Die berühmte Sichtschutzwand zur Herbertstraße stammt von den Nazis“, sagt Oliver Sträter, Vorsitzender der SPD-Bezirksfraktion in Hamburg-Mitte. Genauer: Im Jahr 1933 ließ Hamburgs Gauleitung die Metallblenden errichten, die verhindern sollen, dass Passanten in die Bordellgasse gucken können.

Herbertstraße – „Symbol für Sünde und Schande für die Volksgemeinschaft“

Diese Maßnahme, eingeleitet aus Doppelmoral und Propaganda, markierte die dunkle Zeit des Nationalsozialismus, heißt es in dem Antrag der Regierungskoalition zur Förderung der Initiative zum Gedenken an die Verfolgten des NS-Regimes an der Herbertstraße.

„Die Herbertstraße wurde zum Symbol für die sogenannte ‚Sünde und Schande für die Volksgemeinschaft‘ erklärt, während die Tore eine sichtbare Grenze zwischen der bürgerlichen Welt und dem als ‚normfalsch‘ stigmatisierten Milieu bildeten“, heißt es in der Drucksache weiter.

Herbertstraße: Sexarbeiterinnen als „weibliche asoziale Elemente“ verfolgt

Besonders tragisch war demnach das Schicksal der Sexarbeiterinnen, die während des Nationalsozialismus als „weibliche asoziale Elemente“ verfolgt wurden. Viele von ihnen wurden interniert und litten unter dem frauenfeindlichen Regime.

Sie wurden in Konzentrationslager wie Neuengamme oder Ravensbrück deportiert. Manche Frauen aus der Herberstraße wurden zwangssterilisiert oder begangen aus Verzweiflung Selbstmord.

Mehr zum Thema

St. Pauli: 5000-Euro-Messingbordstein erinnert an Nazi-Vergangenheit

Die Initiative der St. Pauli Kirche und des Vereins Lebendiges Kulturerbe St. Pauli e. V. setzen sich dafür ein, den Opfern der NS-Zeit an der Herbertstraße ein würdiges Gedenken zu schaffen. Als Teil dieses Gedenkens wird ein Messingbordstein im Wert von 5000 Euro errichtet, der die Geschichte der Herbertstraße und der Sexarbeiterinnen würdigt. Zudem werden QR-Codes angebracht, die Besucher informieren.

Der 6000. Stolperstein in Hamburg wurde im ehemaligen Chinesenviertel auf St. Pauli durch den Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt (Archivbild).
Der 6000. Stolperstein in Hamburg wurde im ehemaligen Chinesenviertel auf St. Pauli durch den Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt (Archivbild). © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Der Stolperbordstein ist an die bekannten Stolpersteine angelehnt, die hamburgweit verlegt werden. Stolperstein Nr. 7000 etwa wurde im Oktober für den Nachtportier des Hotels Vier Jahreszeiten verlegt. Die Bezirksversammlung in Hamburg-Mitte stimmte dem Antrag von SPD, CDU und FDP zum Messingbordstein in der Herbertstraße nun in ihrer Sitzung am Donnerstag zu.