Hamburg. Zum 75. Abendblatt-Geburtstag haben 380 Leser die Möglichkeit, die Aussicht zu genießen. Welche Erinnerungen dabei hochkommen.

Generationen von Hamburgern haben im Drehrestaurant des Fernsehturms bei Kaffee und Kuchen den Blick über die Stadt genossen: Die Elbe, die Alster, die Elbphilharmonie, der Stadtpark und auch der Flughafen – alles liegt einem von hier oben zu Füßen. Theoretisch!

Praktisch ist die Aussicht an diesem Montagmorgen mehr als bescheiden. Die Spitze des Telemichels, so nennen die Hamburger liebevoll den Heinrich-Hertz-Turm, steckt in den Wolken. Der Blick aus dem 14. Stock reicht – trotz frisch geputzter Fenster – gerade einmal bis hinunter auf die Dächer der Messehallen – und auch die sind zeitweise vernebelt.

Fernsehturm Hamburg: Ehepaar erzählt von Verlobung auf der Sehenswürdigkeit

Michaela Wedekind-Stüve und Marco Wedekind schert das Wetter allerdings wenig. Das Ehepaar aus Reinbek genießt den Besuch auf der Baustelle des ehemaligen Restaurants in 126,5 Metern Höhe sichtlich, denn die Eheleute bringen besonders schöne Erinnerungen mit.

„Hier haben wir uns 1991 verlobt“, sagt Michaela Wedekind-Stüve. „Hier im Restaurant hat mir mein Mann einen Heiratsantrag gemacht.“ Und: „Ich war hier als Kind oft mit meinen Großeltern. Die haben in Eppendorf gewohnt“, erzählt Marco Wedekind. Besonders beeindruckt hat ihn damals, dass sich das Restaurant drehte. „Eine Stunde, einmal rum“, sagt er. Das Restaurant müsse unbedingt wieder eröffnet werden. Dann will Marco Wedekind den Heiratsantrag erneuern.

Michaela Wedekind-Stüve und Marco Wedekind waren am Montag auf dem Telemichel. Im Restaurant haben sich die beiden 1991 verlobt. 
Michaela Wedekind-Stüve und Marco Wedekind waren am Montag auf dem Telemichel. Im Restaurant haben sich die beiden 1991 verlobt.  © Claudia Eicke-Diekmann | Claudia Eicke-Diekmann

Besuch des Fernsehturms mit Erinnerungen: Heiratsantrag in 126,5 Metern Höhe

Die Eheleute Wedekind sind zwei von 2300 Leserinnen und Lesern, die sich zum Anlass des 75. Geburtstages des Hamburger Abendblatts für den Besuch des Fernsehturms beworben hatten. 380 von ihnen wurden per Zufallsprinzip ausgelost. Darunter auch Ralf-Gerd Zülsdorf aus Reinbek. „Ich war als Zehnjähriger hier mit Omi und Opi Kaffee trinken“.

Auch er erinnert sich an die drehbare Plattform. „Die Fensterbank stand allerdings still, und so kam es, dass hin und wieder eine Handtasche, die von einer Dame dort abgestellt worden war, an unserem Kaffeetisch vorbeifuhr“, erzählt der heute 70-Jährige.

Ralf-Gerd Zülsdorf war schon als Zehnjähriger mit seinen Großeltern im Restaurant des Fernsehturms.
Ralf-Gerd Zülsdorf war schon als Zehnjähriger mit seinen Großeltern im Restaurant des Fernsehturms. © Claudia Eicke-Diekmann | Claudia Eicke-Diekmann

Thomas Fritz ist mit Ehefrau Renate Hammerl zum Fernsehturm gekommen. Sie ist zum ersten Mal auf dem Fernsehturm, Thomas Fritz kennt das Restaurant aus alten Zeiten. Ihn verbindet zudem eine besondere Geschichte mit dem Hamburger Abendblatt: „Ich habe das Abendblatt, als es noch am späten Nachmittag erschien, bei uns im Dorf in der Nähe von Salzhausen ausgetragen“, erzählt er. „Und ich habe damit lesen gelernt.“

Thomas Fritz und Renate Hammerl im ehemaligen Restaurant im Fernsehturm.
Thomas Fritz und Renate Hammerl im ehemaligen Restaurant im Fernsehturm. © Claudia Eicke-Diekmann | Claudia Eicke-Diekmann

Besuch des Fernsehturms: „Schön, einmal hier oben gewesen zu sein“

Leserin Ulrike Finke steht am Fenster, an dem man bei guter Sicht bis nach Eilbek schauen kann. Der Blick auf den Stadtteil, in dem sie wohnt, bleibt ihr an diesem Morgen wegen des Nebels verwehrt. „Das ist schade“, sagt sie, „aber es ist trotzdem eine tolle Aktion, die sich das Hamburger Abendblatt ausgedacht hat. Es ist schön, einmal hier oben gewesen zu sein.“

Ulrike Finke steht am Fenster des Hamburger Fernsehturms, an dem man bei guter Sicht bis Eilbek schauen kann.
Ulrike Finke steht am Fenster des Hamburger Fernsehturms, an dem man bei guter Sicht bis Eilbek schauen kann. © Claudia Eicke-Diekmann | Claudia Eicke-Diekmann

Auch Ulrike von der Fecht ist die Freude sichtlich anzumerken. Die 55-Jährige, die mit ihrer Tochter Mirjam Poller gekommen ist, sagt: „Es war immer ein großer Traum von mir, noch einmal hier oben zu sein.“ Ihr in Erinnerung ist besonders ein Fernsehturm-Besuch an einem zweiten Weihnachtsfeiertag in den 1970er-Jahren mit der gesamten Familie geblieben. „Es war etwas ganz Besonderes und wir haben alle die schönsten Kleider angezogen.“

Ulrike von der Fecht (vorne) und Tochter Mirjam Poller besuchen den Fernsehturm. „Es war ein großer Wunsch“, sagt die Mutter.
Ulrike von der Fecht (vorne) und Tochter Mirjam Poller besuchen den Fernsehturm. „Es war ein großer Wunsch“, sagt die Mutter. © Juliane Lauterbach | Juliane Lauterbach

Spaß hat von der Fecht auch daran, von oben einen genauen Blick auf die Stadt zu werfen. Und dann sind sie plötzlich da, die Erinnerungen an das, was früher anders war. Das Polizeihochhaus am Berliner Tor etwa, das hier noch wie andere Sehenswürdigkeiten an den Scheiben gekennzeichnet ist, gibt es nicht mehr. Aber natürlich ist klar: Wenn zwei Generationen von oben auf Hamburg blicken, dann sieht jede etwas anderes.

Häufige Frage an Stadtführer: „Wieso darf man da nicht hoch?“

Gleich mehrere Gründe, warum er unbedingt hoch auf den Fernsehturm wollte, bringt der Hamburger André Abend mit. Der 55-Jährige bietet hauptberuflich Stadtführungen im Schanzenviertel an. Klar, dass man von dort den Telemichel von fast überall aus sehen kann. Und so laute eine der häufigsten Fragen auf seinen Touren: „Wieso darf man da nicht hoch?“ Und: „Wie sieht es da oben aus?“

Andre Abend, Stadtführer in der Sternschanze, will sich bei der Abendblatt-Aktion ein eigenes Bild davon machen, wie es oben aussieht. Davon sollen auch die Teilnehmer seiner Touren profitieren.
Andre Abend, Stadtführer in der Sternschanze, will sich bei der Abendblatt-Aktion ein eigenes Bild davon machen, wie es oben aussieht. Davon sollen auch die Teilnehmer seiner Touren profitieren. © Juliane Lauterbach | Juliane Lauterbach

Und so ist André Abend froh, dass er seinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern nun von etwas erzählen kann, das er selber gesehen hat. „Wer hat das schon?“, fragt er. Alle Details schaut er sich ganz genau an. Und Abend hat Glück: Als er am Dienstag gegen Mittag auf der Plattform steht, da verziehen sich ein paar besonders tief hängende Wolken und geben den Blick auf Alster, Elbe, Michel und vieles mehr frei.

Abendblatt-Leser und Leserinnen dürfen Fernsehturm exklusiv besuchen

Tatsächlich besserte sich das Wetter nach und nach. Noch bis Mittwochabend werden Abendblatt-Leserinnen und -Leser das Wahrzeichen exklusiv besuchen. Die Abendblatt-Aktion konnte dank der Unterstützung von 1KOMMA5° und Hamburg Messe und Congress umgesetzt werden.

Die Initiative für dieses besondere Erlebnis geht von Abendblatt-Marketingchefin Vivian Hecker aus. „Ich freue mich sehr, dass wir mit den Betriebsbesichtigungen des legendären Telemichels im Rahmen unseres 75. Jubiläums wieder eine besondere Aktion für unsere Leserinnen und Leser umsetzen dürfen. Es hat schon Tradition, dass wir wichtige Geburtstage als Anlass nehmen, etwas an die Hamburgerinnen und Hamburger zurückzugeben – wie etwa die Wiedereröffnung des Hansa-Theaters“, sagt Hecker.

Fernsehturm: Das Wahrzeichen soll saniert und 2026 wiedereröffnet werden

Die Aktion ist ein kleiner Vorgeschmack, denn der seit mehr als 20 Jahren für die Öffentlichkeit geschlossene und insgesamt 279,2 Meter hohe Fernsehturm soll nach einer umfangreichen Sanierung voraussichtlich im Jahr 2026 wiedereröffnet werden. An dem „Comeback“ der Sehenswürdigkeit arbeitet die Telekom-Tochter DFMG (Deutsche Funkturm GmbH), der der Fernsehturm gehört, derzeit auf Hochtouren.

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Erst kürzlich berichtete Peer Kollecker, Leiter Großstandorte bei der DFMG, im Abendblatt: „Wir haben einen Meilenstein erreicht. Das für die Wiedereröffnung des Fernsehturms erforderliche Brandschutzkonzept haben wir nun in enger Abstimmung mit der Stadt fertiggestellt.“ Das sei die Grundlage für den Bauantrag, der für die Sanierung gestellt werden muss.

Hamburg: Betreiber wollen Fernsehturm wieder zu Publikumsmagneten machen

In Zukunft soll der Fernsehturm auf zwei Ebenen wieder bespielt werden – mit einer Aussichtsplattform auf 124 Metern Höhe und der Fläche des ehemaligen Drehrestaurants als Ort für Veranstaltungen. Auch ein neues Empfangsgebäude ist geplant, doch hier warte man derzeit noch auf ein Gutachten „in dem untersucht wird, ob die Gründung des Turms auch dem entspricht, wie es den Bauunterlagen aus den 1960er-Jahren zu entnehmen ist. Da geht es um Fragen der Statik, denn das Empfangsgebäude wird freischwebend sein und auf Stelzen um den Fernsehturm gebaut“, sagte Kollecker dem Abendblatt.

Die künftigen Betreiber des Fernsehturms wurden bereits im Juni 2020 vorgestellt. Das sind die stadteigene Hamburg Messe und Congress GmbH (HMC), Philipp Westermeyer (Gründer des Digitalfestivals OMR und Geschäftsführer der Ramp106 GmbH) sowie Tomislav Karajica (Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Home United GmbH).

Die Betreiber haben einen Pachtvertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren unterschrieben – mit dem Ziel, das Wahrzeichen wieder zu einem Publikumsmagneten für die Hamburger, ihre Gäste, aber auch Veranstalter und Touristen zu machen.