Hamburg. Etwas versteckt an der Bille im Hamburger Osten liegt das kleine Bootswagencafé. Auch Kanus können hier ausgeliehen werden.

Etwas versteckt, mitten in einer Wohnsiedlung in Hamburg-Hamm, liegt ein besonderes Café. Von der Straße Osterbrookplatz her gar nicht ersichtlich, führt eine Auffahrt direkt zur Bille.

Und genau hier, am Löschplatz Billebecken, ist seit diesem Jahr das Bootswagencafé zu Hause – eine Lokalität, die vom Verein Boot e. V. Hamburg von Nachbarn für Nachbarn ins Leben gerufen wurde.

Auf der Grünfläche ist ein großer Zeltpavillon mit Sesseln und einer langen Theke aufgebaut. Hier werden Kaffee, Kuchen und Drinks verkauft. Vor dem Zelt stehen quietschgelbe Bierbänke und Tische, überall hängen Lichterketten. Gegenüber des Pavillons, am kleinen Sandstrand mit direktem Zugang zur Bille, türmen sich Kanus.

Café direkt am Wasser: Bootswagen ist Maskottchen von Hamburg-Hamm

Direkt daneben steht das Herzstück und der Namensgeber dieses Ortes: der Bootswagen, der eigentlich nur ein kleiner grüner Wohnwagen ist. Doch hier an der Bille ist er zu einem Maskottchen für ein ganzes Stadtviertel geworden – das sagt zumindest Stefan Malzkorn, Vorsitzender des Vereins.

Der Bootswagen im Café in Hamburg-Hamm ist eigentlich ein kleiner grüner Wohnwagen.
Der Bootswagen im Café in Hamburg-Hamm ist eigentlich ein kleiner grüner Wohnwagen. © Louisa Eberhard

Der 59-Jährige kommt mit seinem roten Fahrrad zum Vor-Ort-Termin mit dem Abendblatt geradelt, hält zuerst noch ein Pläuschchen mit einer Nachbarin und dann mit Mitarbeiterin Jill, die schon hinter der Theke steht. „Wir sehen die Bedürfnisse der Nachbarschaft“, wird Malzkorn später im Gespräch erzählen.

Kleines Café seit diesem Jahr am Löschplatz Billebecken ansässig

Aber von Anfang an: Schon seit 2017 organisiert Stefan Malzkorn als Teil einer Nachbarschaftsinitiative regelmäßig das Osterbrooklyn-Festival, das in Osterbrook, einem kleinen Quartier zwischen Eiffestraße und Billebecken, stattfindet. Wie das Hammer Sommerfestival bietet die Veranstaltung neben Aktionen für Kinder auch gastronomische Angebote und ein abwechslungsreiches Musikprogramm.

Die Initiative wollte jedoch einen ständigen Begegnungsort für die Nachbarschaft schaffen und suchte dafür lange nach einem geeigneten Platz. Nach kurzer Station am Löschplatz Hammer Deich wurden sie schließlich einen Kilometer weiter am jetzigen Standort mit einer Grundstücksfläche von knapp 2000 Quadratmetern fündig.

Verein veranstaltet kostenlose Konzerte in Hamburg-Hamm

Hier öffnet der Boot e. V. Hamburg, der mit 50.000 Euro vom Bezirk Hamburg-Mitte gefördert wird, nun immer von Donnerstag bis Sonntag seine Türen. Am Wochenende finden in regelmäßigen Abständen kostenlose Open-Air-Konzerte statt. „Viele Leute in dieser Nachbarschaft sind durch die Inflation wirklich richtig belastet. Die sparen sich dann das Geld für Konzertkarten“, sagt Malzkorn. Aus diesem Grund sei es so wichtig, ein niedrigschwelliges Kulturangebot für die Anwohner zu schaffen.

Der gemeinnützige Boot e. V. Hamburg ist aus einer Nachbarschaftsinitiative im Hamburger Stadtteil Osterbrook entstanden. Direkt an der Bille veranstaltet er kostenlose Open-Air-Konzerte.
Der gemeinnützige Boot e. V. Hamburg ist aus einer Nachbarschaftsinitiative im Hamburger Stadtteil Osterbrook entstanden. Direkt an der Bille veranstaltet er kostenlose Open-Air-Konzerte. © www.malzkornfoto.de | (FREELENS Pool) Malzkorn

Gegen eine kleine Gebühr können Besucher und Besucherinnen deshalb auch Kanus (15 Euro pro Stunde für zwei Erwachsene) ausleihen, um die Bille zu erkunden – ein weiteres Anliegen von Stefan Malzkorn. „Im Gegensatz zur Alster kennen sich Leute auf der Bille gar nicht richtig aus. Dabei haben wir hier so viele Naturmomente, die sehr spannend sind“, sagt der ehemalige Fotojournalist, der sich seit Jahren für Hamm-Süd engagiert.

„Hamm-Süd war lange am untersten Ende der Hackordnung in Hamburg“

„Das Viertel galt ja lange als unerreichbar, fast schon prekär. Hamm-Süd war lange am untersten Ende der Hackordnung in Hamburg“, so Malzkorn. Das Quartier sei immer der „Klassiker eines Arbeiterstadtteils“ gewesen.

„Mittlerweile sehen wir hingegen bei vielen die Sorge vor einer Gentrifizierung. Mit einem Platz wie diesem stiften wir Identität“, sagt Malzkorn. Sein Wunsch sei es, einen friedlichen Ort zu schaffen, „an dem sich die Leute begegnen können“, statt nur einfach nebeneinanderher zu leben.

Café in Hamburg-Hamm macht Wacken-Besuchern großzügiges Angebot

Auch aus diesem Grund hatte der Vorsitzende auf der Website des Vereins vor einigen Tagen einen Aufruf für Wacken-Besucher gestartet, die es aufgrund des Einlassstopps nicht auf das Festivalgelände geschafft haben: „Ihr wolltet zum Wacken-Open-Air und seid in Hamburg gestrandet? Wir haben Platz für Euch und Euer Zelt!“ Das kostenlose Angebot könnten die Wacken-Fans nutzen, um „einfach mal Hamburg kennenzulernen“, hieß es weiter.

„Wir sind doch sowieso ein Langzeitfestival“, sagt Malzkorn mit einem Augenzwinkern – und verweist auf das nächste kostenlose Open-Air-Konzert am 11. August, bei dem die Alternative-Rock-Band Light The Cannons auftreten wird.