Vattenfall sponserte Wälderhaus. Nun ist Schutzgemeinschaft gegen Netzerückkauf. Kritik vom den Grünen. Hamburger SDW-Vorsitzende Wolfgang Pages wies diese Kritik zurück: “Gibt keinen Zusammenhang.“

Hamburg. Die Initiative „NEIN zum Netzkauf!“ hat zwei weitere Organisationen als Mitstreiter gegen den Komplettrückkauf der Energienetze gewonnen. Wie der federführende Industrieverband Hamburg (IVH) mitteilte, engagieren sich nun auch der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) und die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald (SDW) für ein Nein der Hamburger beim Volksentscheid am 22. September. Der Beitritt des SDW allerdings sorgte am Donnerstag für Diskussionen im Internet und für Kritik der Grünen. Grund: Vor etwas mehr als einem Jahr hatte Vattenfall der SDW 2,3 Millionen Euro gespendet – für Bau und Betrieb des Hamburger Wälderhauses. Nun engagiert sich die SDW in der Initiative, die will, dass Vattenfall das Energienetz zu größten Teilen behält.

„Ich glaub, ich steh im Wald“, sagte Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan. „Erst will sich Vattenfall mit einem 2,3 Millionen-Euro-Zuschuss für das Wälderhaus seine kohleschwarze Weste grün färben. Ein Jahr später erklärt die Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, dass Vattenfall die Netze behalten soll.“ Die Naturschutzorganisation lasse sich „vor den Karren eines Kohlekonzerns spannen und setzt damit ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel“. Kohlekraftwerke wie Moorburg verursachten sauren Regen und trügen damit zum Waldsterben bei, so Kerstan.

Rüdiger Kruse, Landesgeschäftsführer der SDW und CDU-Bundestagsabgeordneter, war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Der Hamburger SDW-Vorsitzende Wolfgang Pages wies die Kritik zurück. „Es gibt keinerlei Zusammenhang zwischen Spende und unserem Engagement in der Initiative“, sagte er dem Abendblatt. Allerdings räumte Pages ein, dass es keinen Gremienbeschluss der SDW zum Beitritt gegeben habe. „Ich habe das, wenn Sie so wollen, allein entschieden“, sagte er. „In Rücksprache mit den Vorstandskollegen.“ Der vollständige Rückkauf der Strom-, Gas- und Fernwärmenetze sei auch unter ökologischen Aspekten nicht sinnvoll, unter finanziellen auch nicht, begründete Pages seine Entscheidung. Generationengerechtigkeit habe auch mit finanzieller Nachhaltigkeit zu tun. „Mit dem Rückkauf der Netze würde man leider nichts für die Energiewende oder den Umwelt- und Klimaschutz bewirken. Die zwei Milliarden, die der Rückkauf kostet, wären besser in Energieeffizienz und öffentlichen Nahverkehr investiert.“

Der Sprecher der Gegner des Netzkaufs, Mario Spitzmüller vom Industrieverband Hamburg, betonte, dass Vattenfall sich an vielen Stellen in der Stadt engagiere, und es keinerlei zeitlichen Zusammenhang zwischen Spende und Beitritt des SDW gebe. Man habe gern eine Naturschutzorganisation dabei, so Spitzmüller, um zu zeigen, dass der Rückkauf auch unter ökologischen Aspekten nichts bringe. Nun sehe er, dass der Vorgang „auf besondere Sensibilität“ stoße. Spitzmüller betonte, dass die Initiative unabhängig von Vattenfall sei und kein Geld vom Energiekonzern bekomme.

Vattenfall-Sprecher Stefan Kleimeier sagte, die Spende an den SDW sei unter Zustimmung des des damaligen CDU-Wirtschaftssenators Axel Gedaschko und der grünen Stadtentwicklungssenatorin Anja Hajduk zustande gekommen. Ursprünglich sei das Geld für das Umweltzentrum Karlshöhe vorgesehen gewesen, das am Ende aber nicht gebaut worden sei. Bereits die HEW hätten sich in den 1990er Jahren verpflichtet, derlei Projekte zu fördern. Diese Verpflichtung habe Vattenfall übernommen.

Michael Westhagemann, Vorstandsvorsitzender des Industrieverbands Hamburg, begrüßte den Beitritt von SDW und ZIA zu der Initiative. „Damit zeigen wir, wofür unser Bündnis gegen den Volksentscheid steht: für nachhaltiges gesellschaftliches Wachstum und für verlässliche Rahmenbedingungen in der Stadt“, so Westhagemann.

ZIA-Präsident Andreas Mattner begründete das Engagement des Zentralausschusses gegen einen vollständigen Rückkauf der Energienetze so: „In der Tradition des ehrbaren Kaufmanns sollten Hanseaten nur Geschäfte machen, deren Risiko überschaubar ist.“