Drei der rund 500 Mitarbeiter der Internationalen Gartenschau zeigen ihre Lieblingsplätze, wie das riesige Dahlienbeet. Kaiserwetter und Rabattaktionen locken immer mehr Besucher nach Wilhelmsburg an.

Wilhelmsburg. Die Blumen stehen in voller Pracht, die Sonne lacht fast täglich vom Himmel – und die Besucherzahlen der Internationalen Gartenschau steigen kontinuierlich an. Bis zum 31. Juli verzeichneten die Betreiber 652.000 Besucher, zwei Wochen vorher waren es 541.000. „Das ist ein Plus von 20 Prozent, über das wir uns sehr freuen“, sagt igs-Geschäftsführer Heiner Baumgarten. Grund für das zunehmende Interesse an der Gartenschau könnten neben dem Sommerwetter auch die verschiedenen Rabattaktionen der Ausstellung sein. Die Aktion „Kids for free“ (bis Mitte September immer montags freier Eintritt) haben 4124 Kinder und Jugendliche von sieben bis 17 Jahre genutzt. Das „Oma-Opa-Enkel-Ticket“, durch das sich der Eintritt von Besuchern in Begleitung eines Enkels um 4 Euro reduziert, wurde bislang von 3565 Großeltern gekauft, die Halbzeitdauerkarte für 50 Euro von 696 Personen. Auch die Schulanfänger sollen für die Gartenschau begeistert werden. Am Freitag verteilte Schulsenator Ties Rabe die ersten von insgesamt 15.000 Wimmelbildern, die in Kooperation mit dem Carlsen Verlag entstanden sind. Zu weiteren Maßnahmen, mit denen die Gartenschau auch zum finanziellen Erfolg werden soll, äußert sich Stadtentwicklungssenatorin Jutta Blankau (SPD) im großen Abendblatt-Interview am Montag.

Nicht nur die Besucher sind begeistert von der Gartenschau – auch die rund 500 Mitarbeiter, die täglich auf dem Gelände arbeiten, freuen sich über die Blütenpracht, von der sie beim Arbeiten umgeben sind. Als Zugführer der Monorail hat Siegfried Genaht den besten Überblick; mit einer Höchstgeschwindigkeit von zehn Kilometern pro Stunde schwebt die Bahn über das Gartenschaugelände. Eckehard Blechner ist deutlich langsamer, als Sanitäter ist er entweder zu Fuß oder gemächlich mit dem Golf-Caddy unterwegs. Swaantje Ehlers, Praktikantin im Veranstaltungsbereich der Gartenschau, genießt es, ihre Mittagspausen in verschiedenen Gärten verbringen zu können. „Der Park ist nicht nur für die Besucher eine Erholungsfläche“, sagt die 24-jährige Eppendorferin, die ihren Bachelor in mehrsprachiger Kommunikation gemacht hat. „Es gibt auch für uns Mitarbeiter viele schöne Rückzugsorte, an denen wir im Hintergrund zur Ruhe kommen können.“

Ihr Lieblingsgarten heißt „Beziehungskisten“ und liegt nahe am Kuckucksteich. Aus hell- und dunkelgrünen Plastikkisten – ähnlich den australischen Milchkisten – quellen Blumen in sämtlichen Schattierungen der Farben Pink und Lila. Zartrosa Cosmea und Buntnesseln mit grün-violett gestreiften Blättern, leuchtende Petunien, Geranien und Tränende Herzen, purpurfarbene Bornholmer Margeriten und Lilien mit weiß-rosa Blüten. „Ist das nicht wunderschön?“, fragt Swaantje Ehlers und lässt sich auf einer gepolsterten grünen Kiste nieder. Um sie herum stapeln sich die Kisten zu verschieden hohen Türmen und bilden so eine dezente Abgrenzung zu der Umgebung. „Die Kisten werden immer wieder mal umgesetzt. So sieht der Garten immer anders aus und spiegelt damit auch die Vielfalt der Gartenschau wider“, sagt sie. Damit meint sie nicht nur die Gestaltung der Gärten, sondern auch das tägliche Kulturprogramm – mit Konzerten aller Musikrichtungen, Lesungen, Theater und einem abwechslungsreichen Kinderprogramm.

Nein, er habe nicht schon als Junge davon geträumt, Lokführer zu werden, sagt Siegfried Genath und drückt den Joystick nach vorn. Sanft schnurrend setzt sich die Monorailbahn in Bewegung. Trotzdem ist der Bergedorfer prädestiniert für den Job bei der Gartenschau: Früher hatte der 60-Jährige eine Gärtnerei in den Vier- und Marschlanden. „Acht Jahre lang habe ich als Selbstständiger Schnittblumen auf dem Blumengroßmarkt verkauft“, erzählt Genath, während wir auf dem 3,4 Kilometer langen Rundkurs dahingleiten.

Mittlerweile ist er bei der Sicherheitsfirma Pütz tätig, die auf der igs das Personal für Eingangsbereich und Schwebebahn stellt, und hat dort eine Ausbildung für den Fahrbetrieb gemacht. „Gleich kommt mein Lieblingsplatz – freuen Sie sich auf einen prächtigen Anblick“, sagt er. Der Bahnhof Süd kommt in Sicht und dahinter das riesige Dahlienbeet. Zartes Violett, feuriges Orange und kräftiges Rot – 3300 Exemplare verschiedener Sorten stehen hier auf 1400 Quadratmetern dicht an dicht. „Von hier oben sieht es besonders schön aus“, sagt Genath. Und tatsächlich: Die Vielfalt der Farben und Blütenformen in den spiralförmig angelegten Dahlienbeeten wird aus der Luft besonders deutlich; zwischen den leuchtenden Schönheiten bilden sie zu den kerzen-, schleier- oder körbchenartigen Blütenformen der dezenten Begleitpflanzen einen eindrucksvollen Kontrast.

Obwohl Eckehard Blechner fast jeden Tag als Sanitäter auf der Gartenschau seine Runden dreht, hat er sich an der Blütenpracht noch nicht sattgesehen. „Ich bin jeden Tag aufs Neue begeistert“, sagt der Einsatzleiter des Roten Kreuzes, der mit vier bis zwölf Leuten vor Ort ist. Die meisten Unfälle passierten auf der Skatebahn und im Hochseilgarten, so Blechner. Oft unterschätzten die Besucher aber auch die Weitläufigkeit der Gartenschau. „Sie ziehen die falschen Schuhe an und laufen sich dann die Füße wund.“

Doch er hilft den Besuchern nicht nur mit Pflastern und Kühlpacks, sondern auch mit Wegbeschreibungen und allgemeinen Informationen zur Gartenschau. Was er allen ans Herz legt: einen Besuch der schiffförmigen Hochbeete im westlichen Eingangsbereich, unmittelbar neben der Welt der Religionen. „Für mich ist das der schönste Platz auf der Gartenschau“, sagt Blechner und deutet auf die üppig bepflanzten Beete. „Hier werden die Besucher viel angemessener empfangen als am Haupteingang, wo es nur wenige Blumen gibt“, findet Blechner. Blauer Phlox, rosa Storchenschnabel, gelbe Lilien, orangefarbene Löwenmäulchen und rote Zauberglöckchen sind nur einige der Blumen, in deren Blüten sich Bienen und Hummeln tummeln. Eckehard Blechner, 66, mag besonders die purpur blühende Cosmea, auch Sonnenhut genannt. „Das ist die Lieblingsblume meiner Frau Maike, sie wächst auch in unserem Garten in Over.“ In dem kleinen Ort zwischen Harburg und Winsen bewohnt das Paar ein Haus direkt an der Elbe.

Für den Job bei der igs habe er sich von früheren Kollegen „bequatschen“ lassen, sagt Blechner, der lange beim Roten Kreuz als Rettungswagenfahrer und stellvertretender Betriebsleiter tätig war. Bis Mitte Oktober ist er jetzt bei der igs angestellt. „Es macht Spaß“, sagt er, „in diesem Umfeld zu arbeiten.“