Das Kriegs-Mahnmal St. Nikolai bröckelt. SPD-Politiker Kahrs will, dass sich der Bund an den Kosten beteiligt. CDU sieht Stadt in der Pflicht.

Hamburg. Mindestens 11,5 Millionen Euro soll die Sanierung des Mahnmals St. Nikolai kosten. Hinter den Planen des Gerüsts, das derzeit einen Großteil des "mahnenden Zeigefingers" verdeckt, begutachten Experten den Zustand des Turms der einstigen Hamburger Hauptkirche. Was genau für wie viel Geld saniert werden muss, wird im Detail erst Ende des Jahres feststehen.

Die Sanierung ist nötig, denn das Wahrzeichen bröckelt. Im Sommer vergangenen Jahres war ein knapp zehn Kilogramm schweres Mauerstück auf den Fahrradweg vor dem Mahnmal an der Willy-Brandt-Straße gestürzt.

Um Fördermittel beim Bund zu beantragen, hat das Bezirksamt Mitte, Eigentümer des Turms, jetzt eine Schätzung der potenziellen Kosten in Auftrag gegeben. Ein Team, bestehend aus einem Bauhistoriker und zwei Architekten - darunter Bernhard Brüggemann, der auch für die Sanierung von St. Katharinen mitverantwortlich ist - haben die Kosten für die Sanierung auf 11,5 Millionen Euro geschätzt.

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+++ Mahnmal St. Nikolai - eine Ruine mit Zukunft +++

"Allerdings kenne ich keine Schätzung, bei der die tatsächlichen Kosten am Ende nicht höher liegen", sagt der Hamburger Bundestagsabgeordnete Johannes Kahrs (SPD), der Mitglied des Haushaltsausschusses ist. Kahrs will sich jetzt dafür einsetzen, dass der Bund mit Fördermitteln bei der Finanzierung der Sanierung hilft. "Schließlich ist St. Nikolai ein Mahnmal von bundesweiter Bedeutung", sagt Kahrs. Er könne aber verstehen, dass ein Zuschuss zum Erhalt einer Ruine zunächst "schwer vermittelbar" sei. Deshalb müsse über eine weitere Nutzung des Mahnmals nachgedacht werden: "So könnte neben dem Turm ein gläserner Überbau entstehen, der als Veranstaltungsraum, etwa von der evangelischen Akademie, genutzt werden könnte."

Auch der Bundestagsabgeordnete Rüdiger Kruse, der für die CDU im Haushaltsausschuss des Bundes sitzt, betrachtet St. Nikolai als "deutschlandweites Anti-Kriegs-Mahnmal". Ob und in welchem Umfang jedoch der Bund bei der Finanzierung einspringen soll, will er von konkreten Kostenvoranschlägen und Plänen abhängig machen. "Zunächst einmal sehe ich da den Hamburger Senat in der Pflicht", sagt Kruse. "So steht es schließlich im Vertrag." Darin habe sich die Stadt in den 1960er-Jahren zum Erhalt und Unterhalt des Mahnmals verpflichtet.

Auch die Kulturbehörde und das ihr angegliederte Denkmalschutzamt wollen das Ergebnis der sogenannten Schadenskartierung abwarten. "Das Denkmalschutzamt wird dann das Bezirksamt Mitte bei der Beantragung von Fördergeldern unterstützen", sagt Stefan Nowicki, Sprecher der Kulturbehörde. Das Amt habe eine beratende Funktion und prüfe am Ende anhand des konkreten Sanierungsvorschlags, ob dieser "denkmalschutzrechtlich zulässig" sei.

Eine kombinierte Nutzung, wie Johannes Kahrs sie vorschlägt, sei nicht ausgeschlossen. "Sollte es im weiteren Prozess konkrete Planung zu ergänzenden Nutzungsmöglichkeiten geben, so werden wir hierfür mit dem Bezirk sicherlich eine gute Lösung finden", sagt Nowicki.

Die Eigentumsverhältnisse rund um das den Opfern von Krieg und Gewaltherrschaft gewidmete Mahnmal sind kompliziert. Der Turm selbst gehört dem Bezirk Mitte, das Grundstück teilen sich der Kirchenkreis Ost, die Gemeinde St. Nikolai und der Bezirk. Grund hierfür ist die Geschichte der früheren Hauptkirche, die den Stadtbrand von 1842 und die Luftangriffe während des Zweiten Weltkrieges überstanden hat. Beim Großen Brand war die Kirche völlig zerstört worden, 1846 begann der Wiederaufbau, 1874 wurde der neugotische Bau wieder fertiggestellt.

Während der Bombardierung 1943 wurde die Kirche schwer beschädigt - nur ein Großteil der Wände und der Turm blieben stehen, der Innenraum wurde zerstört. Da in der Altstadt in der Zwischenzeit die Wohnbevölkerung gesunken war, beschloss der Senat, die Kirche nicht wieder aufzubauen und die Gemeinde an den Klosterstern zu verlegen. 1960 wurde die Ruine unter Denkmalschutz gestellt. Seit 1987 gibt es den Förderkreis "Rettet die Nikolaikirche".

"Hamburg möchte nicht geschichtslos sein", sagt Klaus Franke, Vorsitzender des Vereins. "Es ist unsere Pflicht, der nachkommenden Generation die Bedeutung dieses geschichtsträchtigen Ortes näherzubringen."

Dabei gehe es darum, "Vor- und Nachlauf" dessen, was in Hamburg passiert sei, zu beachten. "Wir sind für die Völkerverständigung zuständig." Jährlich 100 000 Besucher zählte die Ausstellung, die der Verein in der Krypta eingerichtet hat. Die Hälfte der Besucher kommt aus dem Ausland. "Allein diese Tatsache zeigt, wie bedeutsam St. Nikolai ist." Oder wie Altkanzler Helmut Schmidt 2001 sagte: "Dieser Turm darf uns nicht allein an 1943 und den Krieg erinnern, sondern er soll uns für morgen und übermorgen zur Mitmenschlichkeit ermahnen."