Immer der roten Linie nach: Der selbstführende Rundgang Hummel-Bummel führt durch die City an 32 geschichtsträchtige Orte Hamburgs.

Hamburg. Der rote Strich geht einmal quer über den Großneumarkt. Im mittäglichen Andrang um einen Platz in einem der vielen Lokale eilen die meisten achtlos darüber. "Könnte eine Markierung für eine Erdgasleitung sein. Bestimmt reißen sie hier bald wieder alles auf", sagt einer. Oder hat das vielleicht doch etwas mit Außengastronomie zu tun?

Dann kommt Ursula Iller, 58. Mit zwei Freundinnen geht sie auf dem Strich. "Wir haben ihn am Michel entdeckt", sagen die Schweizerinnen, die auf Kurztrip in Hamburg sind. Zuerst hätten sie die Linie für einen Fahrradweg gehalten. Bis sie eine Hummelfigur entdeckten und sich das Rätsel löste: Der Straßen-Strich ist ein selbstführender Stadtrundgang.

Hummel-Bummel heißt die Tour. Namenspatron ist das bekannte Hamburger Original Hans Hummel ("Mors, Mors"). "Damit wollen wir die Neustadt für Touristen und Hamburger erlebbar machen", sagt Quartiersmanager Sascha Bartz, 34. Ein bisschen liege das Viertel ja noch im Dornröschenschlaf. Vor sechs Jahren, zur Weltmeisterschaft 2006, hatte er die selbstführende Entdeckungstour initiiert. Motto: "Gehen Sie mal auf dem Strich". Vorbild ist die Boston Blue Line, auch in Hannover gibt es ein ähnliches Konzept.

Nun kann man in Hamburg natürlich nicht einfach eine Linie auf den Asphalt pinseln. Zwei Jahre verhandelte Bartz, ein studierter Architekt und Stadtplaner, mit Stadt und Hauseigentümern, bis die 2,5 Kilometer lange Route stand. Gerade wurde die Sondernutzungsgenehmigung bis 2016 verlängert. Finanziert wird das Projekt von der Interessengemeinschaft Großneumarkt-Fleetinsel.

Von vier Startpunkten (Michel, Hamburgmuseum, Laeiszhalle und Neuer Wall) führt der Hummel-Bummel auf verschlungenen Wegen an 32 geschichtsträchtige Orte. Bei gemütlichem Tempo dauert die Tour eineinhalb Stunden. Auf rot-weißen Schildern gibt es Informationen, die auch für viele Hamburger neu sein dürften.

Oder wussten Sie, dass an der Poolstraße noch die Reste einer ehemaligen jüdischen Synagoge zu sehen sind oder dass der Großneumarkt früher Ort einer Musikerbörse war? Die Künstler gaben hier Kostproben ihres Könnens, und die Gastronomen konnten dann für ein abendliches Engagement bieten.

"Der Hummel-Bummel kommt gut an", sagt Quartiersmanager Bartz. Nach seinen Berechnungen gehen täglich fünf bis sechs Besucher auf dem roten Strich. "Die größte Gruppe war mit 120 Personen ein Rotary Club aus Rotterdam", sagt er. Inzwischen hat der Stadtrundgang auch eine Internetseite.

Allerdings ist der rote Straßen-Strich vergänglich. "Mindestens zweimal im Jahr muss er nachgezogen werden", sagt Bartz. Vor allem im Winter verblasst die Farbe schnell. Dann schnappt sich der Quartiersmanager seine fahrbare Markierungsmaschine, ein Dutzend roter Sprühdosen - und macht sich an die Arbeit. Gerade ist er mal wieder fertig geworden.

Die Neustädter nehmen die Straßenmarkierung trotzdem kaum wahr. "Gehört irgendwie zum Stadtbild", meint einer. Die drei Schweizerinnen wären aber ohne Strich wohl nicht auf dem Großneumarkt gelandet. "Jetzt wollen wir erst einmal etwas trinken", sagt Ursula Iller. Danach geht's weiter - immer der roten Linie nach.

www.hummelbummel.de