Bei dem 20. Chor-Ereignis im Michel erhoben Kinder ihre Stimmen für den guten Zweck. Schirmherr war der Liedermacher Rolf Zuckowski.

Das war der Rhythmus, bei dem jeder mitmuss: "Oh Happy Day". Jung und Alt stimmten lauthals mit ein. Einige ganz Kleine hatten sich von ihren Eltern wegstibitzt und tanzten vor dem Altarraum im Takt der Musik. Reine Gefühlssache. Auch die Großen waren enorm in Form. Und wieder einmal war der Beweis angetreten: Wenn Kinder den Ton angeben, kommt bei den Erwachsenen gleichfalls Freude auf. Alle stimmten am Sonnabend im Michel lustvoll in den Choral der Freude ein. Oh Happy Day.

"Es tönen die Lieder", schallte es durch das, wie immer, bis auf den letzten Platz besetzte Kirchenschiff, "der Frühling kehrt wieder." Dieser Einklang hatte dieses Mal, auch ohne Schalmei, eine ganz besondere Note - nicht nur, weil das "Festival der 1000 Stimmen" des Hamburger Abendblatts zum 20. Mal zelebriert wurde. Es war ein Nachmittag der Überraschungen.

Das begann mit dem guten Zweck. Seit der Ouvertüre 1992 gehört es zum guten Ton, dass der Gesamterlös der Veranstaltung jenen zugutekommt, die weniger auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Wie schon 2011 floss das Geld auch in diesem Jahr der Aktion "Hände für Kinder" zu. Mitten im Grünen, im Neuen Kupferhof im Duvenstedter Brook, wird schwer behinderten Kindern ein liebevolles "Kurzzeitzuhause" geboten. Auch damit Eltern und Geschwistern ein Moment zum Innehalten und Durchatmen ermöglicht wird. In zwei Jahrzehnten "Kinder singen für Kinder" kam bisher mehr als eine Viertel Million Euro für wohltätige Zwecke zusammen.

"Wenn Kinder singen, öffnet sich der Himmel", zitierte Rolf Zuckowski ein spanisches Sprichwort, das passender nicht sein konnte. Der Hamburger Liedermacher zeigte nicht nur als Schirmherr der Veranstaltung Herz, sondern war auch mit seinem Chor Die Jungs präsent. Die 26 Jungs rissen bei der "Reise nach Rio" das Publikum mit. Zumal sich die kleinen Künstler parallel als Schauspieler in Szene setzten.

Zuvor hatte der Gastchor Gospel Train mit 80 Jugendlichen zwischen 16 und 20 Jahren der Stadtteilschule Harburg mit seiner guten Laune angesteckt. Sieben weitere, von einer Jury ausgewählte Sangesgruppen, mit mehr als 1000 Chorkindern waren in der Hauptkirche mit Spaß dabei.

Es war eine weise Entscheidung, keine Platzierungen zu bestimmen, sondern alle Teilnehmer mit einem Pokal zu ehren. Ein Höhepunkt im fast dreistündigen Programm war der Auftritt des Kinderchors der Japanischen Schule. "Komm lieber Mai und mache", sangen die 70 jungen Asiaten auf wunderbare Weise. Und als sie dann noch das plattdeutsche Lied vom "Hamborger Veermaster" anstimmten, gab es zur Belohnung Beifall und Jubelrufe. "Das war allererste Klasse", befand CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich im Namen der Gemeinde. Der Politiker hatte seine 82-jährige Mutter mitgebracht, die fröhlich mitklatschte. Genau so soll es sein: Musik als generationen- und gesellschaftsübergreifender Faktor. Wenn singen Schule macht.

Die Umsetzung dieser Kunst glückte auch StimmenWI.Rbel aus Winterhude beeindruckend. "Tanz der Welt entgegen", schmetterten die fünf- bis 13-Jährigen voller Lebenslust. Die 140 Deerns in selbst geschneiderten rostroten Samtkleidchen und die Buttjes der staatlichen Jugendmusikschule zeigten bei ihrer gemeinsamen Sangespremiere die Hohe Kunst des Chorsingens. Die kleinen Meister der Oberstadt Geesthacht sangen absolut zutreffend und ein bisschen symbolisch: "Die Sonne hat schon wieder Kraft."

Starkes Können und enorme Vitalität demonstrierten ebenso 180 Kinder des The Young ClassX Chors unter Leitung Peter Schuldts. Und dann waren da noch die 5. und 6. Klassen des Gymnasiums Schenefeld - mit Lena an der Harfe, Paul am Klavier und mit Peter Seelig einem Chorchef, der über die Energie eines Kraftwerks verfügt. Beim Boogie-Woogie gingen fast 5000 Hände in die Höhe. Es bebte der Michel. Wer's nicht glaubt: Das Jubiläumsfest wurde live auf abendblatt.de übertragen und ist auch jetzt noch anzusehen.

"Es ist grandios, wir hätten doppelt so viele Karten verkaufen können", sagte Michel-Hauptpastor Alexander Röder, der gewohnt temperamentvoll durch das Programm führte. Er erntete lang anhaltenden, herzlichen Beifall, als er zu Renate Schneider vom Hamburger Abendblatt sagte: "Vielen Dank für so viel Herz." Die gute Seele des Vereins "Kinder helfen Kindern" hatte das Chorfestival vor 20 Jahren ins Leben gerufen und zu einem Großereignis geformt, das in Hamburg über exzellenten Klang verfügt.

Zwar zieht sich die nimmermüde Streiterin für die Schwächeren unserer Gesellschaft im Juni aus der Organisationsspitze des Vereins "Kinder helfen Kindern" zurück, doch wird Renate Schneider hoffentlich auch zukünftig ihre Stimme erheben - und das bitte nicht nur im Michel.

Darauf setzen auch die Mitglieder des Lions Clubs Hamburg-Hoheneichen unter Regie von Hans-Peter Schmitz-Dedert und Günther Schiefelbein, die von Anfang an Partner der hilfreichen Aktion sind. Auch am Sonnabend verteilten 40 - selbstverständlich ehrenamtliche - Helfer Butterkuchen, Obst und Getränke an die Chorkinder. "Wie schön, dass du geboren bist", hallte es voller Freude durch das Gotteshaus. Gewohnt schwungvoll wurde dieser Klassiker dirigiert von Michel-Ehrenkantor Professor Hermann Rauhe, gleichfalls ein Mann der ersten Festivalstunde. "Lasst den Michel klingen, dass Ihr's nie vergesst."

So geschah es dann auch am Sonnabend im Michel. Wie in den 19 Jahren zuvor. Oh happy day.