Hamburg. Versteckt in einem Hinterhof liegt die wohl ungewöhnlichste Turnhalle der Stadt. Von hier geht es zu landesweiten Meisterschaften.

Etwas zurückgelegen in einem Hinterhof mitten in Hamburg, direkt an der Osterfeldstraße in Lokstedt, findet sich neben einer Tischlerei, Lagerräumen und höchst moderner Nachverdichtung mit ausladenden Büros die wohl ungewöhnlichste Turnhalle der Stadt: Eine ehemalige Autowerkstatt dient dem Turn Club Hamburg e.V. als Trainingsstätte. Hier trainieren täglich die Turntalente der Zukunft.

Das Herz des Vereins ist Katharina Pommerenning. Sie ist – gemeinsam mit Jenny Goldberg – für die Kinder und Jugendlichen da, die ihre Übungen auf Stufenbarren, Schwebebalken und dem eigens gefederten Boden absolvieren.

Hamburg-Lokstedt: Hier werden die Turnerinnen auf ihre Wettkämpfe vorbereitet

„Wir definieren uns als Leistungsportverein, der auch Breitensport anbietet“, sagt Pommerenning. Die besonders talentierten jungen Turnerinnen trainieren vier- bis fünfmal pro Woche in der Turngarage, daneben gibt es die Mädchen, die ein- oder zweimal pro Woche hierherkommen und deren Hobby das Turnen ist, erklärt Pommerenning das System.

„In der Sektion des Leistungssports geht es langfristig um die Qualifiktion und dann Erfolge beim Talentschulwettkampf und den Deutschen Meisterschaften“, sagt die Trainerin. „Das sind unsere Ziele.“

Turnen in Hamburg: Nach langer Suche fand Trainerin ehemalige Autowerkstatt

Aktuell trainieren rund 59 Mädchen im Alter von fünf bis 16 Jahren in der ehemaligen Autowerkstatt. Wo heute der Stufenbarren thront, wurden zuvor Lastwagen repariert – nebenan noch immer, oftmals höre man das Wummern der Werkzeuge. Glücklicherweise stand der Teil der Werkstatt zur Vermietung zur Verfügung, als Pommerenning nach jahrelanger Suche nach einer passenden Halle im Jahr 2019 zur Besichtigung kam.

Katharina Pommerenning ist Trainerin und Gründerin des Vereins Turn Club Hamburg. Die eigene Halle befindet sich in einem Hinterhof in Hamburg-Lokstedt.
Katharina Pommerenning ist Trainerin und Gründerin des Vereins Turn Club Hamburg. Die eigene Halle befindet sich in einem Hinterhof in Hamburg-Lokstedt. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Die 100 Quadratmeter große Gewerbehalle wurde deshalb zur Talentschmiede für junge Turnerinnen, weil die Decke zumindest im vorderen Bereich die erforderlichen fünf Meter Höhe hat. „Wenn am Stufenbarren geturnt wird und die Mädchen etwas größer werden, dann brauchen wir den Luftraum“, sagt die Trainerin.

Turn Club Hamburg freut sich über Halle, weil sie nicht auf- und abbauen müssen

„Der entscheidende Vorteil bei uns ist aber ein ganz anderer: Wir sind die Einzigen, die diese Halle benutzen dürfen, und deshalb müssen wir nichts auf- und abbauen.“ Bei allen anderen Vereinen Hamburgs sei es so, dass Hallenzeiten zugewiesen würden, innerhalb dieser dürften dann zumeist die Geräte der angeschlossenen Schulen genutzt werden, jedoch gehe immer mindestens eine Dreiviertelstunde für den Auf- und Abbau der Geräte verloren.

Turnerin auf dem Schwebebalken in der Halle des Turn Clubs Hamburg e.V. in Lokstedt.
Turnerin auf dem Schwebebalken in der Halle des Turn Clubs Hamburg e.V. in Lokstedt. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

„Das ist wertvolle Zeit, für uns ebenso wie für die Kinder“, sagt Pommerenning, die akribisch an vier Nachmittagen pro Woche mit mehreren Leistungsgruppen an den Geräten übt.

Turnen Hamburg: Mädchen trainieren für Deutsche Meisterschaften

Zeit, um mit den Mädchen, die für den Leistungssport ausgewählt wurden, für die Deutschen Meisterschaften und Landesmeisterschaften in ihren jeweiligen Altersklassen zu trainieren. „Schon vor dem Alter von neun oder zehn Jahren entscheidet sich, ob man die Leistungsschienen turnen kann“, weiß die Trainerin, die selbst lange geturnt hat.

Turnen in Hamburg: Die Geräte in der Turngarage des Turn Clubs Hamburg müssen nicht abgebaut werden, so bleibt mehr Zeit fürs Training.
Turnen in Hamburg: Die Geräte in der Turngarage des Turn Clubs Hamburg müssen nicht abgebaut werden, so bleibt mehr Zeit fürs Training. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Mit Alena Tefiki haben wir aktuell die beste Turnerin aus dem Norden bei uns, das macht uns natürlich sehr stolz.“ Die mittlerweile 13-Jährige wurde bei den Deutschen Jugendmeisterschaften 2023 im Sommer in Dortmund Vizemeisterin am Schwebebalken und hat sich in den Bundeskader geturnt.

Turn Club Hamburg: Noch gibt es freie Plätze für Turnkinder in Lokstedt

Doch der Großteil der Mädchen, die einmal pro Woche in die Turngarage kommen, hat einfach Freude an der Bewegung, baut immense Kraft auf, um die präzisen Übungen überhaupt erst ausführen zu können. „Aktuell suchen wir wieder Nachwuchsturnerinnen“, sagt Pommerenning.

Mehr zum Thema

Die freien Plätze sind in den Gruppen, die donnerstags um 15 Uhr (Breitensport) und freitags um 14.30 Uhr (Leistungssport) an der Osterfeldstraße 58–60 trainieren. Hauptsächlich suchten sie Mädchen der Jahrgänge 2019/2018. „Gern einfach eine Viertelstunde vorher da sein, Leggins, T-Shirt und Socken reichen aus“, sagt die Trainerin, die den Verein gegründet hat, ihn verwaltet, jede Mail beantwortet.

Lokstedt: Verein Turn Club Hamburg ist auf Spenden angewiesen

Jedoch braucht sie noch einen anderen Beruf, um ausreichend Geld zu verdienen. Wenn vormittags nicht trainiert wird, arbeitet sie als Grundschullehrerin für Sport und Kunst in Ellerau. Ebenso Jenny Goldberg, sie unterrichtet in Hamburg-Hamm. „Die Mitgliedsbeiträge reichen nicht aus, wir sind immer auf Spenden angewiesen, damit wir hier weitermachen können“, betont Pommerenning.

35 Euro monatlich kostet es, wenn das Kind einmal pro Woche trainiert, 55 Euro ist der Mitgliedsbeitrag bei zwei Trainingsnachmittagen. Und das in Hamburgs ungewöhnlichster Turnhalle.