Bürger entscheiden, ob für den Ausbau des Eidelstedt-Centers eine Grünfläche weichen darf. Bezirkschef Torsten Sevecke ist jedenfalls dafür.

Hamburf. Er hoffe, dass sich die richtigen Argumente durchsetzen werden, sagt Torsten Sevecke (SPD). Er sagt nicht "die besseren". Aber Eimsbüttels Bezirksamtsleiter weiß auch: Wahrscheinlich ist den meisten Leuten das Eidelstedt-Center egal. Womöglich hören Menschen in Harvestehude oder Niendorf dieser Tage sogar zum ersten Mal vom Streit um das 1986 eröffnete Einkaufszentrum. Nämlich dann, wenn sie die Unterlagen zum Bürgerentscheid im Briefkasten haben. Und doch sind auch sie aufgerufen zu beurteilen, was das Beste für den Stadtteil Eidelstedt ist. Denn am 24. Mai soll eine Entscheidung zum Rotklinkerbau an der Kieler Straße gefallen sein.

Im Grunde geht es beim Bürgerentscheid nicht nur um das Center selbst, sondern auch um eine benachbarte Grünfläche. Es handelt sich um ein 2600 Quadratmeter großes Areal, das einer Konstruktion aus Glas und Beton weichen soll, die der Investor Meag plant. Die Mehrheit der Bezirkspolitik hält den Verlust des Grüns für vertretbar. Immerhin werde das in die Jahre gekommene, für den Stadtteil wichtige Einkaufszentrum aufgewertet, erhalte auch der angrenzende Wochenmarkt neue Impulse. Die Initiative Grünes Zentrum Eidelstedt will aber an dem Areal mit seinen 17 Bäumen festhalten, fürchtet Verluste für den Markt. Erst dem von mehr als 10.000 Unterschriften getragenen Bebauungsveto der Initiative entwuchs der Bürgerentscheid.

+++ Grünfläche oder Center-Ausbau, das ist hier die Frage +++

+++ Glas oder Grün im Eidelstedt Center - Eimsbüttel wählt +++

+++ Hauptsache dagegen: Wutbürger gegen Sozialprojekte +++

Deshalb beschäftigt das Eidelstedt-Center nun die Menschen in ganz Eimsbüttel, in Harvestehude genauso wie in Niendorf, Rotherbaum, Lokstedt, Schnelsen, Stellingen, Eimsbüttel, Hoheluft-West und Hoheluft-Ost. Insgesamt 190.000 Wahlberechtigte sollen über die Zukunft des Eidelstedter Zentrums abstimmen.

Es ist der zweite Bürgerentscheid in der Amtszeit von Torsten Sevecke. Für ihn sei das aber kein Zeichen von bürgerferner Politik. Im Gegenteil: Er schätze das Instrumentarium des Bürgerentscheids. "Es ist immer gut, wenn sich Bürger für ihre Rechte einsetzen", sagt er. Nach dem verlorenen Votum zur Umgestaltung des Isebekufers im Jahr 2010 blickt der Bezirksamtsleiter der aktuellen Abstimmung sogar zuversichtlich entgegen. Als Amtsleiter müsse er sich zwar neutral verhalten, vertrete aber persönlich die jahrelang vertretene Meinung des Bezirks: "Die Erweiterung bedeutet die einzige Möglichkeit, das Eidelstedt-Center wirtschaftlich zu sichern und zu stärken. Nach mehr als 25 Jahren Stillstand muss sich das Zentrum des Stadtteils weiterentwickeln."

Doch auch für die Argumente der Initiative hat Sevecke Verständnis, er könne sie sogar in Teilen nachvollziehen, denn seine Position beziehe beide Seiten mit ein: "Es ist natürlich nie einfach, den Ist-Zustand loszulassen. Gerade wenn man sich an etwas gewöhnt hat. Doch an dieser Stelle ist es falsch, die 80er-Jahre zu konservieren." Das Herz Eidelstedts biete mit Bus- und Bahnhaltestelle gute Voraussetzungen in der Infrastruktur. Das Einkaufszentrum müsse mit dieser Entwicklung Schritt halten.

"Unredlich" nennt Sevecke den Versuch der Initiative, eine Gefährdung des benachbarten Wochenmarktes zu suggerieren. Bei allem Verständnis: "Der Markt war nie gefährdet und wird es auch bei einem möglichen Umbau nicht sein." Vielmehr werde nach Ansicht des Bezirksamtsleiters der Wochenmarkt mit der Modernisierung gestärkt, weil das Center dann neue Besucher anzöge. Gleichwohl sagt Sevecke, dass die Bäume bei einer Weiterentwicklung des Einkaufszentrums fallen müssten. Der Neubau auf der Grünfläche sei nach Prüfung aller Möglichkeiten ohne Alternativen. Die Initiative Grünes Zentrum Eidelstedt sieht das anders. "Politik und Investor waren nicht bereit, nach Alternativen zu suchen, die den Erhalt der Grünfläche garantieren", sagt Annemarie Teske, Vertrauensfrau der Initiative.

Den Bürgerentscheid selbst sehe Sevecke unemotional. "Grundsätzlich gefällt mir die Dynamik, die Bürgerentscheide entwickeln. Es zeigt, dass wir uns mit Anliegen intensiv auseinandersetzen müssen." Ob das allerdings - wie im aktuellen Fall - auf ganz Eimsbüttel ausgeweitet werden muss, könne man kritisch hinterfragen. Immerhin gehe es um ein Einkaufszentrum in Eidelstedt, von dessen Existenz einige Eimsbüttler nicht einmal etwas wüssten. Wem vor diesem Hintergrund eine hohe oder eine niedrige Abstimmungsbeteiligung hilft, vermag Sevecke noch nicht zu beurteilen. "Beim Isebek-Entscheid hatten wir knapp 20 Prozent, dieses Mal rechne ich mit zehn Prozent." Der erste Bürgerentscheid hatte hohe Symbolwirkung, 45 000 Wahlberechtigte stimmten damals ab. Doch das Einzugsgebiet des Eidelstedt-Centers im Westen des Bezirks sei geringer als das des bekannten Kanals im Herzen Eimsbüttels. "Aber es könnte der Initiative helfen, wenn weniger Menschen abstimmen", sagt Sevecke.

Wie viel Menschen auch immer ihr Kreuz machen, wie auch immer die Abstimmung endet: Die Bezirkspolitik wird an das Ergebnis des Bürgerentscheids gebunden sein, es besitzt den Charakter eines Beschlusses der Bezirksversammlung. Dass der Senat die Entscheidung kassiert und neu bewertet, gilt als unwahrscheinlich.