Hamburg. Umweltsenator Jens Kerstan mit eindringlichen Worten: „Es reicht nicht mehr, auf andere zu zeigen.“ Bürger sollen aktiv mitmischen.

Um umweltschädlichen Kunststoff aus unserem Alltag weitgehend zu verbannen, bedarf es zunächst der Erkenntnis, eigene Gewohnheiten umzustellen. Doch aus berufenem Munde ist es dann auch manchmal sehr erstaunlich, welche Hürden beim Plastikverzicht in der Praxis auftreten: Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan ermutigte jetzt im Plietsch die ersten Besucher der Klimawoche Bergedorf (8. bis 13. April) dazu. Auch wenn die Lebenspraxis dies teilweise erschwere: „Plötzlich stehen Sie während einer Pandemie vor verschlossenen Unverpackt-Läden“, erinnert sich der 58-jährige Bergedorfer.

Doch bei einer Klimawoche in seinem Heimatbezirk mag der Grünen-Umweltsenator nicht nur pessimistisch sein. Kerstan appellierte auch an die eigene Kreativität und Verantwortung, Einwegverpackungen wo es eben geht zu vermeiden. „Es ist mittlerweile notwendig, dass wir unseren Materialverbrauch unter Kontrolle bringen. Wir können nicht immer nur auf andere zeigen“, sagte der Senator. Also nicht nur hinnehmen, dass das Lieblingslokal die kürzlich eingeführte Mehrwegpflicht bei bestelltem Essen unterläuft, sondern eigenes Behältnis dabei haben!

Klimawoche Bergedorf: Plastikverzicht im Mittelpunkt

Der Senator hat nach eigener Aussage immer einen Einkaufsbeutel und einen Mehrwegbecher im Auto platziert. Damit er nicht wie einst von einer Kollegin mit drei Plastiktüten beim Wochenmarkteinkauf erwischt wird. Kreative Lösungen und Gedanken sind bei der Plastikreduktion, dem Oberthema der Klimawoche Bergedorf, erwünscht: Was ist teilbar, bei welchem Produkt können zwei Haushalte vielleicht zusammenarbeiten, wie lässt sich weiterer Abfall vermeiden? Eines der Zauberwörter für Jens Kerstan heißt zudem Upcycling – aus alten Sachen neue Produkte erschaffen: Wer mal kurz darüber nachdenkt, alte T-Shirts wegzuschmeißen, sollte dieses Vorhaben schnell verwerfen. Aus diesem Stoff lassen sich tolle Tragebehältnisse erzeugen.

Einer der wesentlichen Protagonisten der Klimawoche sind die Köpfe hinter dem EU-Projekt „BaltiPlast“. Das Projekt kooperiert in Deutschland unter anderem mit der Lohbrügger Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) und arbeitet vornehmlich daran, wie Ostsee-Anrainerstaaten mit den Unmengen an Kunststoffabfällen umgehen sollten.

Heidrun Fammler, Geschäftsführerin des Baltic Environmental Forum Deutschland, animierte zum Mitmachen: „Wir wollen ein Plastikeinsparungs-Tool unter Bergedorfer Familien pilotieren, die dann anhand von Daten sehen, wo sie bei umweltschädlichem Verpackungsmaterial einsparen können. Dieses Tool bringt einen zum Nachdenken.“ Außerdem sollen 25 Unternehmen in der Region gefunden werden, die das Plastik-Tool nutzen, um ebenfalls ihren Verbrauch einzuschränken. Wer mitmachen möchte, sendet eine E-Mail an plastik@bef-de.org.

Im Plietsch wird die Plastikmüllvermeidung spielerisch gelöst

Das Herz der Klimawoche schlägt im Plietsch im Sachsentor 23: Im Obergeschoss des Handwerker- und Künstlerhauses wird die Plastikmüllvermeidung spielerisch gelöst bei einem Escape Game mit verschiedenen Aufgaben. „Wir suchen Unternehmen, deren Belegschaften dieses Spiel zum Teambuilding nutzen können“, sagt Jule Stein von der Initiative Plastikfreie Stadt. Die Gruppen sollten fünf bis zehn Personen umfassen, denn allein lassen sich die Aufgaben nicht lösen. Hier geht es zur Anmeldung.

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Des Weiteren startet im Plietsch am Donnerstag, 11. April, um 17 Uhr eine Debatte mit geladenen Gästen unter dem Titel: „Fishbowl: Kunststoff heute und in der Zukunft“. Am Freitag, 12. April, wird um 17 Uhr wieder diskutiert: „Internationale Perspektive: Wo landet eigentlich unser ganzer Müll?“ Dazu gibt es Stadtführungen, Workshops, Theaterstücke und mehr, das Programm findet sich auf hamburg.de, Stichwort Klimawoche Bergedorf. Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann hofft auf viele Gäste und auch Effekte im Umgang mit Einwegprodukten: „Manchmal reichen ja schon kleine Veränderungen.“