Kirchwerder. Eklat beim SC Vier- und Marschlande: Fußball-Abteilungsleiter Thorsten Beyer wirft hin. Die Hintergründe. Wie es nun weitergeht.

Der SC Vier- und Marschlande hat Großes vor. Am 26. April erscheint ein Panini-Album mit Spielern und Mannschaften der Fußballabteilung. 18 Teams beteiligen sich an der Aktion der Firma Stickerstars. Hunderte Bilder wird es geben, die dann gesammelt werden können. Das fördert den Zusammenhalt in der Abteilung und ist gleichzeitig für alle Beteiligten ein schönes Andenken.

Ein Bild jedoch wird fehlen. „Ich habe mein Foto wieder herausnehmen lassen. Das war zum Glück bei Stickerstars noch möglich“, betont Thorsten Beyer, bislang Fußball-Abteilungsleiter und Sportchef der 1. Herren des SCVM. Er hatte die Stickerstars-Aktion selbst initiiert. Doch das ist vorbei. Genauso wie sein Engagement in seinem Heimatverein.

Eklat beim SCVM: Nach 15 Sekunden Vorstandssitzung folgte der Rücktritt

Nach einer Vorstandssitzung, die gerade mal 15 Sekunden währte, warf Beyer alles hin. „Das hatte persönliche Gründe“, betonte Beyer. „Die Differenzen mit dem Präsidium sind unüberbrückbar. Die haben einfach nur gesagt: ,Wir akzeptieren deinen Rücktritt.‘ Das war’s. Es ist das Ergebnis einer fortwährenden Entwicklung, die schon über einen Zeitraum von viereinhalb Jahren geschwelt hat.“

Hat sich vom SCVM losgerissen: Torjäger Sandro Schraub (l.) trägt hier eine kleine Meinungsverschiedenheit mit Curslacks Marcel Rump aus.
Hat sich vom SCVM losgerissen: Torjäger Sandro Schraub (l.) trägt hier eine kleine Meinungsverschiedenheit mit Curslacks Marcel Rump aus. © BGZ/Hanno Bode | Bode

Beyer stellte nicht nur seine Ämter als Fußball-Abteilungsleiter und Sportchef der 1. Herren zur Verfügung. Er ist auch aus seinem Heimatverein ausgetreten und hat aufgehört, als Schiedsrichter tätig zu sein. „Im Moment wäre es schwierig für mich, auch nur eine Vereinsanlage des SCVM zu betreten“, macht Beyer deutlich, wie tief der Graben zwischen ihm und dem Vereinsvorstand ist. Vom Vorstand war niemand für eine Stellungnahme zu erreichen. Der Verein war aber offensichtlich vorbereitet, hat bereits eine kommissarische Nachfolgeregelung auf seine Homepage.

Thorsten Beyer entdeckte das Talent von Martin Harnik und Max Kruse

Mit Thorsten Beyer verbinden sich sportlich die erfolgreichsten Zeiten, die der SC Vier- und Marschlande je hatte. Er ist der Entdecker der späteren Nationalspieler Martin Harnik (für Österreich) und Max Kruse, um die herum Beyer ein Jugendteam aufbaute, das es 2006 schließlich in die A-Jugend-Bundesliga schaffte.

Nachdem Harnik und Kruse 2005 bereits zu Werder Bremen gewechselt waren, stiegen die Vier- und Marschländer zwar schnell wieder aus der Nachwuchs-Bundesliga ab, aber es überhaupt dorthin geschafft zu haben, war eine Sternstunde in der Vereinsgeschichte.

SCVM hat in der Konkurrenz zu Altengamme und Curslack einen schweren Stand

Der Transfer der guten Jugendarbeit in den Herrenbereich gelang nicht nachhaltig. 2014 stieg der SCVM aus der Oberliga, 2015 gar aus der Landesliga ab. Es folgten sieben Jahre in der Siebtklassigkeit, bevor im vergangenen Sommer unter der sportlichen Führung von Beyer als Trainer und Sportchef in Personalunion zumindest die Rückkehr in die Landesliga gelang.

„Das wird im SCVM-Vorstand aber nicht gesehen, dass wir jahrelang hinten dran waren“, beklagt Beyer. Die lokale Konkurrenz, der SV Altengamme und der SV Curslack-Neuengamme, hatten die Vier- und Marschländer überflügelt. Entsprechend schwierig wurde es, Spieler nach Fünfhausen zu locken und langfristig an den SCVM zu binden.

Zwei Abgänge schwächen das SCVM-Team in der Winterpause

Immer wieder gab es in der Vergangenheit daher personelle Rückschläge, wie etwa die Wechsel von Erik und Peer Wegner sowie Julian Pax zum Lokalrivalen SV Altengamme. Das setzte sich nun in der Winterpause fort. So zog es Torjäger Sandro Schraub (sechs Saisontreffer) und Dennis Utecht gemeinsam zum Kreisligisten Escheburger SV.

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Hinzu kam Unruhe im Umfeld. Schon frühzeitig hatte Beyer in der Aufstiegssaison verkündet, künftig nicht mehr Trainer sein zu wollen, präsentierte mit Alexander Müller einen jungen Erfolgscoach von der TSG Bergedorf als Nachfolger, der altersmäßig näher am Team war. „Wir sind der Verein mit dem größten Entwicklungspotenzial“, war Beyer vor Saisonstart überzeugt.

Trainerquartett soll die Vier- und Marschländer zurück in die Erfolgsspur führen

Doch schon nach drei Partien warf Müller aus beruflichen Gründen hin, was ihn aber nicht abhielt, Monate später ausgerechnet beim Lokalrivalen SV Altengamme als sportlicher Berater einzusteigen. Beyer tobte. Als Reaktion betraute er nun ein ganzes Team mit der sportlichen Leitung. Zu den Coaches Denis Schlufter und Sven Wobbe samt Torwart-Trainer Maurice Herzog stieß im Winter auf Initiative von Beyer auch noch Christian Mahr aus der „Zweiten“ hinzu. Dieses Quartett solle „Strukturen und Prozesse finden, Aufgaben verteilen“, gab Beyer vor.

Doch verderben zu viele Köche nicht den Brei? Das muss sich nun in den kommenden Wochen zeigen. Nach fünf Niederlagen in Folge sind die Vier- und Marschländer in der Landesliga unter Druck geraten. Doch in der Wintervorbereitung präsentieren sich die Deichkicker schwungvoll. Beim 4:4 am Freitagabend in Nienstedten und dem 5:2-Erfolg am Sonnabend am heimischen Zollenspieker gegen Altenwerder trugen sich insgesamt acht verschiedene SCVM-Spieler in die Torschützenliste ein. So etwas ist immer gut für das Mannschaftsgefüge.

Zum Auftakt nach der Winterpause geht es gleich gegen den SV Altengamme

Am 10. Februar geht es für den SCVM zum Restrundenstart gleich gegen den Nachbarn SV Altengamme (15.30 Uhr, Zollenspieker). Eine richtungsweisende Begegnung, die aber ohne Beyer stattfinden wird, der sich bislang von der Mannschaft noch nicht verabschiedet hat. „Zu den Spielen gehe ich nicht. Wenn etwas beendet ist, ist es beendet“, macht er klar.

Über Langeweile kann der 61-Jährige aber nicht klagen. „Ich habe drei Enkel im Alter von einem, vier und sechs Jahren. Die füllen die neue Freizeit mühelos aus“, schmunzelt Beyer. „Das genieße ich jetzt sehr.“ Und so hat die Auseinandersetzung mit der SCVM-Führung für ihn dann doch ein versöhnliches Ende gefunden.