Bergedorf. Zehn Jahre engagiert sich Wolfgang Schetler bei SeniorPartner Diakonie. Warum das nicht nur für andere ein großer Gewinn ist.

Manchmal passiert es nur einmal wöchentlich. Für ein paar wenige Stunden. Doch das genügt meistens schon. Wenn Wolfgang Schetler klingelt, dann erkennt er es in ihren Gesichtern. Dieses strahlende Lächeln: „Dieser Moment der Dankbarkeit ist meine Motivation, meine Erfüllung. Man wird erwartet und gebraucht“, sagt der 76 Jahre alte Lohbrügger, der in diesem Jahr als Dienstältester beim Besuchsdienst der SeniorPartner Diakonie Bergedorf zehn Jahren dabei ist. Schetler beglückt andere und sich selbst mit diesen Besuchen – und bekämpft mit relativ schlichten Mitteln die Einsamkeit in unserer Gesellschaft.

Denn zum Glücklichmachen von älteren, gebrechlichen Menschen braucht es doch manchmal nicht so viel. Vorlesen, spielen, kürzere und auch mal längere Ausflüge machen. In die Umgebung nach Geesthacht oder Lauenburg oder auch mal in Grünanlagen in die Hamburger Innenstadt. Oder Spaziergänge, mal 15, mal 45 Minuten lang. Sich unterhalten und zuhören können. Es darf auch zusammen gegessen und sogar gekocht werden. Das ist es, was Wolfgang Schetler als „Begleitung“ versteht.

Ehrenamt: Besuchsdienstler kommen zu älteren kranken Menschen

Stets mit lebensälteren Menschen, die nicht zwangsläufig alleinstehend sein müssen. Zumeist liegt aber eine schwere Erkrankung wie nach einem Schlaganfall oder einsetzende Demenz vor. Das bedeutet für Wolfgang Schetler, früher oder später auch mal Abschied nehmen zu müssen – nicht unbedingt, weil jemand stirbt, sondern weil der Besuchte ein Fall fürs Pflegeheim wird.

Die Besuchten müssen zu Hause wohnen, auch gern mit einem Lebenspartner oder anderen Angehörigen an ihrer Seite. Diese sollen durch die Besuchsdienstler von ihrer Betreuung auch ein- bis zweimal in der Woche entlastet werden. „Durch das Miteinander und kleine Gesten schenken unsere Engagierten ein gutes Gefühl“, sagt Claudia Puls-Matte. Sie koordiniert die Besuchsdienste der SeniorPartner Diakonie für den Bezirk Bergedorf.

Jeder Besuch will vorbereitet sein, auch bei Wolfgang Schetler, der selbst alleinstehend ist : „Da gucke ich vorher schon auch mal in die Zeitung, um zu schauen, was in der Weltgeschichte geschieht“, erklärt der Lohbrügger seine Strategie, Redestoff zu besorgen. Doch grundsätzlich geht es um die Interessen der Besuchten. Zu eng sollten die Verhältnisse allerdings nicht werden: „Ich habe beim Besuchsdienst nie auf Freundschaft gemacht, denn ich habe genug Freunde“, sagt Wolfgang Schetler.

„Gesellschaftliche, aber keine pflegerische oder persönliche Aufgabe“

Überhaupt gibt es klare Grenzen, was begleitender Besuchsdienst kann und was nicht: „Unsere Ehrenamtlichen haben eine gesellschaftliche, aber weder eine pflegerische noch persönliche Aufgabe“, schärft Caroline Bolte, Projektleiterin SeniorPartner Diakonie, das Profil der gesuchten Gesellschafter nach. So wurde Schetler vereinzelt schon mal gefragt, Wäsche zu waschen oder beim Schleppen eines Kleiderschranks zu helfen – ganz eindeutig nicht sein Aufgabenfeld.

Dabei ist der Werdegang von Wolfgang Schetler nicht atypisch, was den Einstieg beim Besuchsdienst angeht. Nach dem Ende seiner Berufstätigkeit als Industriekaufmann im Alter von 63 Jahren bemerkte der gebürtige Schwarzenbeker, „dass ich irgendwas Soziales machen muss“.

So führte der Weg nach drei Jahren Pensionärsdasein zur Freiwilligenmesse ins Lichtwarkhaus. Dort fand er Gefallen an der Idee der SeniorPartner Diakonie: „Die haben mich gleich eingefangen.“ Spätestens in der obligatorischen Eingangschulung, bei der es beispielsweise um das eigene Verhalten und den Umgang mit Krankheiten geht.

Erste Begleitung von Wolfgang Schetler war gleich längstes Engagement

Bisher passten seine Verbindungen größtenteils. Auch weil Usus ist, dass Besucher und Besuchte sich bei letzteren zuhause treffen, sich beschnuppern, kennenlernen und schon im ersten Gespräch ein Gefühl dafür bekommen, ob es zusammen gehen könnte. Schetlers Kniff: „Man sieht das ja meistens schon an den Augen, ob einem jemand sympathisch ist oder nicht.“

Bereits sein erster „Auftrag“ im Jahr 2013 mit einem von einem Schlaganfall schwer getroffenen und bettlägerigen Nettelnburger erstreckte sich über drei Jahre, seine insgesamt längste Begleiterphase. Der Mann liebte es, von Wolfgang Schetler vorgelesen zu bekommen – „bis zu dem Zeitpunkt, wo ich seiner Frau empfahl, dass beide gemeinsam zur Kur gehen sollten“. Das markierte damals das Ende dieser ersten Beziehung als Besuchsdienstler. Mehr als zwei Personen gleichzeitig braucht es für Schetler nicht, diejenigen können aber durchaus zweimal in der Woche besucht werden.

Selten wird es auch für den 76-Jährigen zu viel. Doch bei den Spaziergängen mit einem Bergedorfer, bei dem zunehmende Demenz offenkundig wurde, war die Grenze erreicht: „Der war so sehr auf seine geliebte Ehefrau fixiert, hat sie in jeder blonden Frau draußen gesehen und lief dann blindlings über die Straße. Diese Verantwortung konnte ich dann nach einiger Zeit nicht mehr übernehmen.“ Hier musste nach wenigen Monaten ein Schlussstrich gezogen werden – eine Ausnahme, weil die derzeit 30 Ehrenamtler von SeniorPartner Diakonie Bergedorf gewöhnlich schon mindestens ein halbes Jahr an Frau oder Mann bleiben.

Wo sind die Männer, die andere besuchen wollen?

Wer beim Besuchsdienst des SeniorPartner Diakonie Bergedorf mitmachen möchte, sollte folgende Rufnummer wählen: 040/63 67 20 47. Auch ein Besuch am Standort in der Alten Holstenstraße 65-67 neben der Hypo-Vereinsbank ist erwünscht. Gesucht werden speziell auch Männer, die gern ihre Zeit mit Bedürftigen teilen möchten. Aufwandsentschädigung für die Freiwilligen: fünf Euro pro Stunde. Der Besuchsdienst kann vollständig als Pflegekassenleistung abgerechnet werden. Dass diese Besuche sehr erfüllend sein können, ist an Wolfgang Schetler zu sehen.