Lägerdorf. Mit einem Verweis auf die „Deutschlandgeschwindigkeit“ lobt Wirtschaftsminister Habeck den Standortvorteil im Kreis Steinburg. Dort soll nun ein Zementwerk bis 2029 klimaneutral werden.

Beim ersten symbolischen Spatenstich für ein klimaneutrales Zementwerk in Lägerdorf hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Montag den „Steinburg-Speed“ beschworen. Das im schleswig-holsteinischen Kreis Steinburg liegende Werk des Unternehmens Holcim soll bis 2029 keine Emissionen mehr verursachen. Um dies zu erreichen, soll nach Angaben des Unternehmens eine neue Ofentechnik eingesetzt und so der CO₂-Ausstoß jährlich um 1,2 Millionen Tonnen gesenkt werden.

An der Westküste Schleswig-Holsteins sei zu sehen, dass grüner Strom zu einem Standortvorteil werde, sagte Habeck. „Und diese Botschaft, die darf man gerne in Deutschland hören, da wo man zaudert, den Ausbau der erneuerbaren Energien voranzubringen.“

Um die Klimaneutralität des Werkes zu erreichen, soll nach Angaben von Holcim ab 2028 der Zementklinker mit reinem Sauerstoff abgebrannt werden. Dies führe dazu, dass im entstehenden Prozessgas eine höhere Konzentration von CO₂ vorherrsche. Anschließend könne das bei dem Prozess entstehende CO₂ nahezu vollständig abgeschieden werden, bevor es in die Luft gelangt. Das so extrahierte Kohlenstoffdioxid kann dann laut Unternehmen etwa in der Lebensmittelindustrie für kohlensäurehaltiges Wasser oder in der Chemieindustrie als Rohstoff verwendet werden.

„Wir werden natürlich auf CO₂ auch in Zukunft nicht verzichten können“, betonte der schleswig-holsteinische Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Ebenso könne nicht jeder CO₂-Ausstoß verhindert werden. Daher plädierte er neben der Speicherung von Kohlenstoffdioxid auch für die weitere Nutzung des Klimagases. Um das CO₂, welches auch im Werk von Holcim abgeschieden werden soll, weiter nutzen zu können, brauche es jedoch eine vernünftige Infrastruktur und da stünden noch einige Aufgaben vor Land und Bund.

Doch was folgt nach dem Spatenstich? „Wir haben jetzt im Wesentlichen die Planungen so weit abgeschlossen und wir werden jetzt in erster Linie mit dem Verwaltungsgebäude starten“, erklärte Holcim CEO Thorsten Hahn. Anschließend solle mit dem eigentlich Umbau begonnen werden. Am Ende sollen auf dem Werksgelände etwa zwanzig neue Gebäude entstehen. Ebenso werde neben dem alten Ofen der neue Ofen gebaut. Nach seiner Fertigstellung werde dann der alte zurückgebaut, so Hahn.

Für den Umbau zu einer klimaneutralen Produktionsstätte hat die EU im Januar 2023 eine Förderung von 109 Millionen zugesagt. Das Unternehmen selbst investiert nach eigenen Angaben einen dreistelligen Millionenbetrag.

„Wir sehen bei Holcim, dass sehr viel getan wird für Naturschutz“, sagte Alexander Schwarzenlose vom Naturschutzbund Schleswig-Holstein. Dennoch wünsche er sich ein klares Bekenntnis zur Renaturierung. Gerade das Renaturieren des zum Kreideabbau genutzten Bodens führe zu mehr Biodiversität.

Kritik kam zudem vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland: So benötigt etwa das Zementwerk laut BUND nach dem Umbau das Dreieinhalbfache an Energie und das Fünfzehnfache an Kühlwasser. Auch der geplante Kreideabbau, mit dem Holcim seine Rohstoffversorgung für die nächsten 100 Jahre sichern wolle, vernichte Wald und Wiesen auf ehemaligen Moorböden. Der BUND fordert daher klimawirksame Ausgleichsmaßnahmen.