Hamburg (dpa/lno). 2015 beherrscht der Islamische Staat Teile von Syrien. Eine Hamburgerin entschließt sich, ihrem Freund in das Gebiet der Terrororganisation zu folgen. Vor Gericht legt sie jetzt ein Geständnis ab.

Mit einem Geständnis vor dem Hanseatischen Oberlandesgericht hat am Montag ein Prozess gegen eine mutmaßliche Rückkehrerin vom Islamischen Staat (IS) in Syrien begonnen. „Der in der Anklage geschilderte Vorwurf ist leider zutreffend“, erklärte am Montag eine der beiden Verteidigerinnen der 32-Jährigen. Die Hamburger Generalstaatsanwaltschaft wirft der Frau Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung im Ausland vor. Sie soll im März 2015 von Hamburg über die Türkei nach Syrien gereist sein und dort einen Kämpfer der Terrororganisation geheiratet haben.

Sie habe zusammen mit ihrem Mann in der IS-Hochburg Rakka gelebt und sich von ihm im Umgang mit einer Kalaschnikow schulen lassen. Zur Verteidigung des Herrschaftsgebiets des IS sei sie dauernd bewaffnet gewesen. Gegenüber einer Zeugin in Deutschland soll sie vom Leben im Islamischen Staat geschwärmt haben. Nach dem Tod ihres Ehemanns habe sie in einem Haus für Witwen von „Gotteskriegern“ gewohnt. Ende Juli 2015 sei sie bei der illegalen Einreise in die Türkei festgenommen und eine Woche später nach Deutschland abgeschoben worden.

Die in Hamburg geborene und aufgewachsene Deutsche berichtete, dass sie 2014 zum Islam konvertiert sei. Anlass sei eine schwere Erkrankung ihrer Mutter gewesen. Freundinnen von ihr seien auch zum Islam übergetreten. Gemeinsam hätten sie eine WhatsApp-Gruppe gebildet. Sie habe sich in einen Mann verliebt, der als Kämpfer zum IS gegangen sei. Er habe sie gedrängt, ihm nach Syrien zu folgen. Sie sei ihrer Liebe hinterher gereist. „Ich schlage die Hände über dem Kopf zusammen, dass ich eine solche Reise gemacht habe“, hieß es in ihrer Erklärung.

Die Angeklagte bekannte, dass sie gläubige Muslima sei. Zugleich distanzierte sie sich in ihrer Erklärung vom IS. Vor ihrer Reise nach Syrien habe sie alles Schlimme dort ausgeblendet. Eine Frau habe ihr gesagt, dass dort zwar Krieg herrsche, aber alles sicher sei. Darüber, was ihr Mann als Kämpfer machte, habe sie nicht nachgedacht, sagte sie auf eine Nachfrage des Vorsitzenden Richters, Norbert Sakuth.

Unmittelbar nach ihrer Ankunft in Syrien hätten sie geheiratet. Noch am selben Tat bekam sie nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft von ihrem Mann ein Schießtraining. Das Paar habe gemeinsam in einem Vorort von Rakka gewohnt. Wie ihr ebenfalls aus Deutschland stammender Mann an die Wohnung kam, habe sie sich nicht gefragt. Neben dem Bett habe eine Kalaschnikow gelegen, auch eine Handgranate habe ihr Mann aufbewahrt.

Im Mai 2015 starb er bei Kämpfen. Sie bekam eine Entschädigung vom IS in Höhe von 1000 Dollar und musste in ein Witwenhaus ziehen. Sie habe nach Deutschland zurückkehren wollen. Im Juli habe sie die Gelegenheit bekommen, in die Nähe der Türkei zu fahren und sei zu Fuß über die Grenze gelaufen. Ihr damaliges Verhältnis zum IS warf für das Gericht Fragen auf. Kurz vor ihrer Rückkehr habe sie die Verhältnisse im IS-Herrschaftsgebiet noch in einem Chat gelobt, sagte Sakuth. Aus Deutschland habe sie einer Frau in Syrien geschrieben, dass sie eigentlich wieder nach Rakka zurückwolle. Das Land der Scharia zu verlassen sei Sünde. In Deutschland sehe man „überall nackte Frauen und rauchende Männer“. Doch an diese Äußerung konnte sich die Angeklagte nach eigenen Angaben nicht erinnern.

2016 lernte sie ihren jetzigen Mann kennen. Ihre drei gemeinsamen Kinder seien ihr Ein und Alles. In Deutschland wurde die Angeklagte bis vor zwei Jahren von den Behörden beobachtet, wie aus der verlesenen Erklärung weiter hervorging. Das Gericht hat sieben weitere Verhandlungstermine bis zum 29. April angesetzt.