Hamburg. Asklepios-Experte rät, wie Kollegen den Rückkehrer unterstützen können. Was der häufigste Fehler ist und wie viel Zeit es braucht.

Manche Genesung braucht Zeit, die Patienten fehlen teils mehrere Monate lang im Job. Und der Gedanke ans Büro bereitet nicht wenigen Betroffenen Sorgen. Doch wie gelingt der Wiedereinstieg nach langer krankheitsbedingter Auszeit?

„Die Rückkehr muss eigentlich schon am ersten Tag der Behandlung mitgedacht werden“, sagt Jan Ole Schumacher. Steht da nicht aber zunächst die körperliche und psychische Genesung an? „Sicherlich“, sagt der Leiter der Ergotherapie vom Zentrum für Seelische Gesundheit am Asklepios Klinikum Harburg. „Aber es gilt dennoch, möglichst früh zu klären, ob es mögliche Konflikte am Arbeitsplatz gibt.“

Sonst bestehe die Gefahr, so der Experte, dass man zwar eine „symptomatische Verbesserung“ erreiche, aber die Ursache der Probleme übersehen werde: „Im Klartext: Der Betroffene fühlt sich irgendwann besser, doch bevor es zurück ins Büro geht, räumt er ein: Na ja, ein Konflikt mit den Kollegen und dem Chef hat schon auch dazu beigetragen, dass ich ausgefallen bin.“

Lange krankgeschrieben: Betroffene in Hamburg fehlen im Schnitt 140 Tage

Im Schnitt 140 Tage seien die Patienten, die er mit seinem Team behandle, ausgefallen, sagt Jan Ole Schumacher. Die Gründe: Depressionen, Angststörungen oder andere psychische Erkrankungen. „Knapp 80 Prozent unserer Patienten sind depressiv, aber es gibt natürlich oft Begleiterkrankungen.“

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Das sogenannte betriebliche Eingliederungsmanagement sei eine große Hilfe, wenn es um den Wiedereinstieg nach monatelanger Krankheitspause gehe. „Allerdings wissen nicht alle Betroffenen davon. Und wenn sich der Arbeitgeber dann irgendwann meldet und um ein Gespräch bittet, löst das nicht selten Panik aus – nach dem Motto: Was wollen die von mir? Verliere ich jetzt meinen Job?“

Hamburger Experte rät, sechs Wochen für Wiedereingliederung einzuplanen

Doch wie gelingt die Rückkehr an den Arbeitsplatz? „Es gibt dafür leider keine Zauberformel“, sagt der verheiratete Vater einer kleinen Tochter. „Das ist sehr individuell und hängt natürlich auch von der Branche ab.“ Eine schrittweise Eingliederung sei jedoch immer das beste Vorgehen: „Meine Erfahrung zeigt: Man sollte sich sechs Wochen Zeit nehmen und zwei Stufen einplanen.“

Jan Ole Schumacher vom Asklepios Klinikum Harburg beschäftigt sich mit dem Wiedereinstieg in den Job nach langer Krankheit.
Jan Ole Schumacher vom Asklepios Klinikum Harburg beschäftigt sich mit dem Wiedereinstieg in den Job nach langer Krankheit. © FUNKE Foto Services | Roland Magunia

Belastung dürfe jedoch nicht nur in Stunden bemessen werden, sondern auch in der Qualität der erledigten Aufgaben. Schumacher: „Einer meiner Patienten hat in den ersten Tagen nach seiner Rückkehr zum Beispiel erst einmal ausschließlich Anfragen per E-Mail beantwortet und keine Telefonanfragen entgegengenommen. Denn im Mailkontakt konnte er sein Tempo selbst bestimmen.“

Psychische Erkrankungen – Hamburger Firmen sind sehr kooperativ

Der häufigste „Fehler“ sei, dass die Rückkehrer zu schnell zu viel erreichen wollten. „Das liegt manchmal auch daran, dass ihnen unterschwellig das Gefühl gegeben wird: Jetzt hast du dich ja ein paar Monate lang ausgeruht und kannst wieder Gas geben. Das stimmt so natürlich nicht“, sagt der Experte, der den Wiedereinstieg in den Beruf gemeinsam unter anderem mit der Medizinischen Hochschule Hannover in einer wissenschaftlichen Studie untersucht.

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„Was wir sagen können: Wenn der Patient beliebt war und bei der Rückkehr Unterstützung von Kollegen und Vorgesetzten erfährt, dann klappt es am besten“, sagt Schumacher. Glücklicherweise seien psychische Erkrankungen lange schon nicht mehr so stigmatisiert wie noch vor Jahren. „Wir sehen, dass die Hamburger Firmen sehr kooperativ sind.“

Grundsätzlich gilt: Je kleiner und familiärer das Unternehmen, desto leichter gelingt oft der Wiedereinstieg. „Allerdings haben große Unternehmen dafür oft eigene Stabsstellen, die einen Wiedereinstieg unterstützen“, sagt Jan Ole Schumacher. „Auch das erhöht die Chancen auf eine nachhaltig erfolgreiche Rückkehr.“