Benjamin Otto hat sich als Unternehmer erfolgreich bewährt. Im Versandhaus baut er jetzt ein Online-Projekt auf, er kommt gerade aus den USA.

Hamburg. Er hat sich eine mehrwöchige Auszeit in den USA genommen und viele Unternehmen in der Internet-Hochburg Silicon Valley besucht. Jetzt ist Benjamin Otto, Sohn des Hamburger Versandhausunternehmers Michael Otto, zurück in Deutschland und freut sich auf seine neue Aufgabe. Am 1. Oktober steigt der Junior in der dritten Generation in die von seinem Großvater Werner Otto gegründete familieneigene Otto Group mit 11,4 Milliarden Euro Umsatz und weltweit 53 000 Beschäftigten ein. Der 37-Jährige wird als Chef ein neuartiges Projekt im E-Commerce, also dem Onlinehandel, für das Hamburger Unternehmen aufbauen. Um was es konkret geht, will der Konzern noch nicht sagen. "Mir war schon vor längerer Zeit klar geworden, dass es mein Weg sein wird, in die Otto Group zu kommen", sagte Benjamin Otto, der gestern nicht zu sprechen war, in einem internen Interview, das an die Mitarbeiter des Konzerns gerichtet war. Diese Entscheidung habe auch damit zu tun, dass er nicht von seiner Familie in diese Aufgabe gedrängt worden sei. Der Junior habe sich freiwillig zu diesem Schritt entschieden. "Mit Benjamin Otto begrüßen wir eine Persönlichkeit mit Unternehmerblut, Technik-Know-how und großem Engagement für den E-Commerce in der Unternehmensgruppe", sagte der stellvertretende Otto-Vorstandsvorsitzende Rainer Hillebrand.

Der Junior kommt in einer schwierigen Zeit. Internethändler wie Zalando oder Amazon sind zu ernst zu nehmenden Konkurrenten herangewachsen, die dem Hamburger Traditionshaus Kunden abjagen. Angesichts der schwindenden Umsätze steht der weltgrößte Versandhändler sogar vor einem tief greifenden Umbau. Unter dem Codenamen "Fokus" sollen die Kosten bei den Marken Otto, Baur und Schwab gesenkt und die Bereiche enger als bisher miteinander verzahnt werden. Das wird mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Arbeitsplatzabbau führen. Betriebsbedingte Kündigungen sind laut dem Unternehmen nicht ausgeschlossen, man bemühe sich aber um sozial verträgliche Lösungen.

Benjamin Otto, ein begeisterter Sportler, hatte schon früh Unternehmerblut geleckt. Als Schüler und Student besserte er sich sein Taschengeld mit Einsätzen als Discjockey auf. In den 90er-Jahren organisierte er Musikveranstaltungen in Hamburg und auf Sylt. Auch heute zählt die Musik, von Jazz bis House, zu seinen Hobbys. Nach einer Lehre als Bankkaufmann studierte Benjamin Otto Wirtschaftswissenschaften an der European Business School in London.

Im Jahr 2002 gründete Benjamin Otto nach Auslandsstationen in Buenos Aires und Madrid ein Unternehmen für intelligente Haustechnik. Daraus ist in den vergangenen zehn Jahren die Intelligent Group entstanden, eine erfolgreiche Firmengruppe mit Sitz in Hamburg. Sie erwirtschaftet mit 80 Mitarbeitern in den Bereichen Immobilienentwicklung, Haustechnikplanung, Medientechnik und Finanzdienstleistungen einen Umsatz im hohen zweistelligen Millionenbereich. Mitte des Jahres hat er den Chefsessel bei der Intelligent Group an seinen Kogeschäftsführer Marius Marschall von Bieberstein übergeben. Zudem fungiert der Unternehmer als sogenannter Business Angel und hilft so anderen jungen Existenzgründern an den Start. Wie sein Vater ist auch Benjamin Otto Stifter. Im März hat er in Hamburg das Burn Out Prevention Center gegründet, einen Anbieter von Präventionsseminaren gegen Burn-out für Führungskräfte, und die Stiftung Holistic Health Institute, die sich auf ganzheitliche Ansätze mit alternativen Heilmethoden konzentriert.

+++ Das neue Leben des Otto-Pensionärs +++

Benjamin Otto gilt persönlich als bescheiden und eher introvertiert. Für ihn sei es weniger wichtig, wie man sich darstelle, so ein Vertrauter. Viel mehr zählten die eigenen Fähigkeiten und deren Umsetzung. Im Jahr 2016 wird der jetzige Otto-Vorstandsvorsitzende Hans-Otto Schrader in den Ruhestand gehen. Der Filius der Familie glaubt jedoch nicht, dass er Schrader übergangslos beerben wird. "Das ist für mich selbstverständlich erst mal gar kein Thema", sagte er im Mitarbeiter-Interview.

In dieser Sache ähneln sich Vater und Sohn. Michael Otto, der inzwischen Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens ist, kam 1971 in den Vorstand des Otto Versands, der damals von einem familienfremden Manager geführt wurde. Erst 1981 wurde Otto Vorstandsvorsitzender. Eine weitere Ähnlichkeit besteht darin, dass beide Gesellschafter, Michael und Benjamin, sich vor ihrer Karriere im Unternehmen anderweitig bewährt haben. Michael Otto war als Projektentwickler auf dem kanadischen Immobilienmarkt unterwegs, Sohn Benjamin gründete eine erfolgreiche Firma.

Das gute Verhältnis zwischen Vater und Kindern ist nicht in allen Hamburger Familienfirmen gut. So auch nicht in der Hamburger Kaffeedynastie Darboven. Vater Albert und Sohn Ernesto Darboven gehen heute getrennte Wege. Beim Tierpark Hagenbeck herrscht Streit um die Führung. Auch die Block Gruppe wird von einem familienfremden Manager geführt, nachdem Vater Eugen Block seinen Sohn Dirk vor rund einem Jahr aus der Firma entfernt hat. Benjamin Otto hingegen sieht in seinem Wechsel ins Familienunternehmen "die Chance und die Möglichkeiten, meine Fähigkeiten und Fertigkeiten einzusetzen, um den Wert des Unternehmens zu steigern". Vater Michael Otto ist begeistert. "Ich freue mich sehr, dass mein Sohn Benjamin den Entschluss gefasst hat, ins Unternehmen zu kommen."