Immer mehr Schüler dürfen die Mobiltelefone im Unterricht nicht mehr nutzen. Die Schulbehörde erarbeitet derzeit einen IT-Leitfaden.

Hamburg. Sie stehen mit ihren Kopfhörern auf dem Schulhof, hören in der Pause Musik über ihr Smartphone oder ihren MP3-Player. Ist der Unterricht langweilig, schreiben sie heimlich Kurzmitteilungen. Sie checken neue Nachrichten, tippen Kommentare und melden ihren Status bei Facebook. Die Blicke verharren auf den Geräten.

Immer mehr Schüler besitzen Handys und Smartphones - kleine multimediafähige Telefone also, die Musik und Filme abspielen, mit denen sich fotografieren und komfortabel im Internet surfen lässt. Weil damit auch die Gefahr des Missbrauchs steigt, muss der Umgang mit den Geräten geregelt werden. Immer mehr Schulen gehen deshalb dazu über, die Nutzung im Unterricht zu verbieten. Eine einheitliche Regelung gibt es an Hamburgs Schulen aber nicht, zumal ein generelles Handy-Verbot eine unerlaubte Grundrechtseinschränkung darstellen dürfte. Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde: "Das entscheidet jede Schule selbst, meiner Kenntnis nach untersagen es aber alle Schulen in ihrer Hausordnung zumindest für die Unterrichtszeit. Und zwar generell, auch für Lehrer und unabhängig von der Klassenstufe. Manche Schulen machen Ausnahmen für die Pausen und unterrichtsfreie Zeit."

Eine neue Regelung hat gerade das Gymnasium Ohmoor in Niendorf getroffen. Seine Schüler beschäftigten sich zunehmend mit ihren Smartphones, sagt Schulleiter Detlef Erdmann. Viele schotteten sich in den Pausen ab, indem sie Musik hörten oder nur noch auf ihre Geräte starrten. Und das hat Folgen für das Lernen: "Wenn man seinem Gedächtnis nicht ausreichend Pausen einräumt, geht das Gelernte einfach verloren", sagt der Bielefelder Neurologe Stephan Wiehler.

"Mit Smartphones und der Möglichkeit im Internet zu recherchieren erhöhe sich auch die Möglichkeit, bei Klausuren zu schummeln", sagt Schulleiter Erdmann. Für die Lehrer sei es häufig schwierig oder unmöglich, im Einzelfall zu entscheiden, ob ihre Schüler ihr Gerät angemessen verwenden oder eben nicht. Ein weiteres Problem: "Eingeschaltete Geräte führen in vielen Fällen zu einem permanenten Medienkonsum und zur Ablenkung durch Kontaktüberflutung. Dies hat eine deutlich verminderte Konzentration auf schulische Belange zur Folge", heißt es in der Regelung zum angemessenen Umgang mit internetfähigen Geräten, die die "Handy-AG" am Gymnasium Ohmoor gerade erarbeitet hat und die nun in die Schulordnung aufgenommen werden soll. Unter anderem heißt es darin: "Die Geräte befinden sich ausgeschaltet in der Schultasche. Ausnahme: Lehrkraft wünscht die Nutzung ausdrücklich für Internetrecherche." Die jüngeren Jahrgänge 5 und 6 dürfen auf dem Schulgelände während der gesamten Schulzeit keine Handys/MP3-Player nutzen, die älteren Jahrgänge dürfen zumindest in der Mittagspause ihre Geräte benutzen. "Bei Klausuren sind die ausgeschalteten Geräte unaufgefordert abzugeben", heißt es. Bei Missbrauch werden die Geräte eingesammelt und müssen bei den Fünft- bis Zehntklässlern von den Eltern abgeholt werden. Die älteren Schüler dürfen sie selbst abholen.

Für einen maßvollen Umgang mit den Geräten plädiert auch Neurologe Wiehler. "Das Problem bei elektrischen Spielzeugen ist, dass sie ständig eine Reaktion von dem Kind erwarten", sagt er. "Auch wenn das Kind von Natur aus das Bedürfnis nach einer Erholungspause hätte, geht es auf dieses Gefühl nicht ein. Eine Puppe würde es dann zum Beispiel einfach liegen lassen."

Auch am Albert-Schweitzer-Gymnasium in Klein Borstel und an der Stadtteilschule Eppendorf gelten ähnliche Regelungen. Frank Schmidt, Schulleiter am Albert-Schweitzer-Gymnasium: "Es kam auch zu Fällen, in denen Schüler Lehrer oder Mitschüler heimlich gefilmt haben." An der Stadtteilschule Eppendorf wurden Handys und Musikgeräte vor sechs Jahren verboten.

Die meisten Schüler hielten sich daran, sagt Schulleiter Rainer Griep. Wer aber erwischt wird, muss mit Sanktionen rechnen: "Der Lehrer zieht das Handy ein. Je nach Schwere und Häufigkeit eines Verstoßes, muss der Schüler auch Sozialarbeit leisten und zum Beispiel im Schulgarten arbeiten oder Müll einsammeln", so Griep. Schüler, die dringend telefonieren müssen, können einen Festnetzanschluss der Schule kostenlos im Ortsbereich nutzen. Das Handyverbot gelte auch für Lehrer.

Selbst an Grundschulen haben manche Kinder schon Handys. An der Grundschule Hinter der Lieth in Lokstedt etwa sind Handys erlaubt, müssen aber ausgeschaltet bleiben. Schulleiterin Susanne Solger: "Wir verstehen, dass Eltern ihren Kindern mal Nachrichten übermitteln müssen."

Weil elektronische Medien für Schüler einfach zum Leben gehören, arbeitet die Schulbehörde an einem pädagogischen Konzept zur Medienerziehung und daran, wie sich die modernen Medien im Unterricht sinnvoll nutzen lassen. "Wir müssen umdenken, auch in der Pädagogik", sagt Artur Gottwald, Referatsleiter Medien in der Behörde. Er arbeitet aktuell an einer pädagogischen IT-Strategie, aus der sich im Laufe des Jahres Leitlinien ableiten sollen. Die Behörde will zudem Module für die Medienerziehung entwickeln, um die Schüler vor Cybermobbing zu schützen und über den Jugendmedienschutz aufzuklären. Passende Unterrichtsmaterialien werden gerade erarbeitet.