Eine Stadt ist in Partystimmung. Ansturm auf Fanfeste. Die U-Bahnen sind überfüllt. Thalia-Theater beginnt seine Vorstellung früher.

Hamburg. Euro-Krise war früher - jetzt herrscht das EURO-Glück: Mehr als 27 Millionen Deutsche haben den 2:1-Sieg über Holland bei der "EURO 2012" zu Hause am Fernseher verfolgt, eine der höchsten EM-Einschaltquoten aller Zeiten. Nicht eingerechnet sind die Millionen, die im Kreis von Freunden, auf Fanfesten oder bei Partys mitfieberten. Ein ganzes Land feiert in Schwarz-Rot-Gold.

Auch in Hamburg bestimmen die Anstoßzeiten der Fußball-Europameisterschaft das Leben von immer mehr Menschen. Am Mittwochabend jubelten 62 000 Fans beim Fest auf dem Heiligengeistfeld, 7000 mehr als beim EM-Auftakt gegen Portugal. Während des Spiels waren viele Straßen in der Hansestadt wie leer gefegt, und in den geöffneten Supermärkten verloren sich die wenigen Kunden. Dagegen war es schwierig, in Gaststätten mit Fernseher einen guten Platz zu ergattern. "Fußball zieht die Hamburger aus dem Haus", sagt Gregor Maihöfer, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga). Dies habe positive Auswirkungen für die Umsätze der Wirte. "Wir erleben in Hamburg ein Wir-Gefühl in den Gaststätten, alles dreht sich nur um ein Thema: Fußball."

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Laut Tourismus GmbH werden 600 000 Menschen bei den Fanfesten der Stadt erwartet. "Viele Tagestouristen kommen wegen der tollen Stimmung nach Hamburg und bescheren Gastronomie und Einzelhandel Umsatzsteigerungen", sagt Sprecher Sascha Albertsen.

Viel Betrieb herrschte vor und nach dem deutschen Spiel auch in Hamburgs öffentlichen Verkehrsmitteln. Um an den U-Bahn-Stationen, die die Fanfest-Besucher nutzen, für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen, sei dort mehr Sicherheitspersonal im Einsatz, sagt Hochbahn-Sprecherin Maja Weihgold. Während der Spiele jedoch bleiben viele Plätze leer, und auch den Taxis fehlen die Kunden. "Die Fahrer stehen sich buchstäblich die Beine in den Bauch", sagt Michael Erdogan vom Landesverband Hamburger Taxiunternehmer. Langweile gebe es aber nicht. "Viele Fahrer haben mobile Fernsehgeräte in den Autos, bauen diese aber nach dem Abpfiff wieder ab." Denn dann herrscht Hochbetrieb. Erdogan: "Vor allem wenn Deutschland gewinnt ..."

Auch beim Versorger Hamburg Wasser merkt man, wie der Fußball den Alltag dominiert. "Da in den Halbzeitpausen und direkt nach dem Spiel viele die Toilette aufsuchen, werden zu diesen Zeiten große Pumpen zugeschaltet", sagt Sprecherin Gisela Matthée. "Fußballgucken ist für unsere Mitarbeiter in der Schaltwarte in Rothenburgs-ort somit Pflicht."

Auch das Thalia-Theater hat sich auf die EM eingestellt. "Beim Spiel gegen die Niederlande haben wir frühzeitig reagiert und die Anfangszeit von 'Dantons Tod' auf 19 Uhr vorverlegt", sagte Martin Woestmeyer, Leiter des Thalia-Kundenzentrums. Mit 900 Zuschauern sei das Stück fast ausverkauft gewesen. "So konnten die Gäste fast pünktlich zum Anpfiff nebenan beim Public Viewing auf dem Gerhart-Hauptmann-Platz sein."