Chef der Hamburger Optikerkette kann sich auch Augenlaser in seinen Geschäften vorstellen und setzt große Hoffnung in seinen Sohn.

Hamburg. Zuweilen wirkt er schon etwas verwöhnt, der "Brillenkönig" Günther Fielmann. Als er gestern bei der Vorstellung der Bilanz Rekordzahlen meldet, ist dies das übliche Ritual und kaum dazu angetan, dem Norddeutschen ein Lächeln in das kantige Gesicht zu zaubern. Wieder einmal hat sein Unternehmen in einem Jahr so viel verdient wie niemals zuvor, wieder einmal konnte es den Umsatz deutlicher erhöhen als die Branche, und die Aktionäre werden sich über eine höhere Dividende freuen können. Auch der Start ins Jahr 2012 war glänzend. Der Umsatz legte im ersten Quartal um mehr als sechs Prozent auf 272 Millionen Euro zu. Der Überschuss stieg um 6,4 Prozent auf 33,6 Millionen Euro.

Der 72-Jährige trägt seine Erfolge vor, als wären sie so selbstverständlich wie der morgendliche Sonnenaufgang. "Ja sicher sind das unsere Kunden", sagt er auf die Frage eines Journalisten, ob denn die Lobeshymnen in der Fielmann-Werbung nun von echten Kunden kommen oder Schauspielern in den Mund gelegt werden. "Schwer ist es für uns nicht, jemanden vor die Kamera zu bekommen", sagt der Vorstandschef, schließlich kaufe ja jeder zweite Brillenträger bei Fielmann, setzt er hinzu und schaut dann doch mit einem leicht triumphierenden Blick in die Runde. Echte Emotionen aber wird sich der Erfinder der Brille zum Nulltarif erst später an diesem Tag erlauben. Als es am Rande der Pressekonferenz um seinen Sohn geht. Auf den ersten Blick gibt es nicht viele Gemeinsamkeiten zwischen Marc und Günther Fielmann.

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Marc ist 22 Jahre jung, sein Vater ein halbes Jahrhundert älter. Der Unternehmensgründer denkt in erster Linie als Augenoptiker, auch wenn er als genialer Visionär der Branche gilt. Sein Sohn hat Wirtschaft studiert. Das Leben des Vaters spielte und spielt sich weitgehend in Norddeutschland ab. Er wohnt auf einem Gutshof im schleswig-holsteinischen Lütjensee, auf dem er sich seiner zweiten Leidenschaft, der ökologischen Landwirtschaft widmet und seltene Tierrassen züchtet. Marc besuchte das Internat Schloss Salem am Bodensee, studierte in London und hat mehrere Auslandspraktika absolviert.

Dem Unternehmersohn steht die Welt offen, und immer deutlicher öffnet Günther Fielmann ihm jetzt auch die Welt seiner Firma: "Er hat viele Stärken", sagt der Vater. Ein Strahlen erscheint auf seinem Gesicht. "Ich habe mit ihm wirklich viel Glück." Ein sehr kommunikativer, aber auch analytisch denkender Mensch sei Marc, intelligent. Er zeige aber auch Verantwortung für andere Menschen.

Derzeit arbeitet Marc in den Filialen, "an der Basis", er durchläuft ein 24-monatiges Trainee-Programm. Welche Rolle er dann im Unternehmen spielen wird, lässt der Patriarch allerdings offen. Marc habe die Marktchancen in einigen Ländern analysiert, in Südamerika, in den USA. Expansionspläne in diese Richtung sehe man derzeit aber noch nicht. Auch sei der Sohn sehr internetaffin, Brillen mit Korrekturgläsern werde Fielmann aber vorerst nicht im Netz verkaufen, höchstens Kontaktlinsen, Pflegemittel und Sonnenbrillen. "In den USA gibt es ja schon fertige Gebisse im Internet zu kaufen, so etwas genügt aber einfach nicht unseren Qualitätsansprüchen", scherzt Fielmann.

Auch wenn er jetzt schon jede zweite Brille in Deutschland verkauft, sieht der Unternehmer noch großes Potenzial im Heimatmarkt. Die Zahl von bisher 566 Geschäften in Deutschland will Fielmann mittelfristig noch einmal um 130 neue Läden steigern. Weiße Flecken auf der Landkarte ortet er hauptsächlich im Süden und in Berlin. Allerdings bremsten der Mangel an 1-a-Lagen und "hohe Mieten" das Expansionstempo. Auch das Hauptgeschäft in der Hansestadt an der Mönckebergstraße sei im Grunde suboptimal. Der Eingangsbereich im Erdgeschoss sei zu klein, und die weiteren Etagen erreichten die Kunden dann nur über "das teuerste Treppenhaus Hamburgs", spielt Fielmann auf die für den Verkauf verschenkte Fläche an. Eine neue Filiale in Hamburg plane er aber derzeit nicht.

Bisher erzielt Fielmann 98 Prozent seines Umsatzes von einer Milliarde Euro im deutschsprachigen Raum. Dass die Firma so wenig auf Auslandsmärkte schaut, hat Gründe in der Altersstruktur der Gesellschaft: Der Kette spielt bei den Wachstumsplänen die demografische Entwicklung in die Hände, da immer mehr Menschen eine Seh- oder Hörhilfe brauchen. "Unsere Kunden sind im Durchschnitt jünger als die der traditionellen Wettbewerber", sagt der Firmenchef. "Weil sie uns treu bleiben, steigt der Anteil hochwertiger Gleitsichtbrillen, die man in der zweiten Lebenshälfte braucht." Der Gleitsichtbrillen-Anteil werde sich bei Fielmann in den nächsten Jahren selbst ohne Neukunden um mehr als 50 Prozent erhöhen. Neue Technologien beim Schleifen der Gläser sowie verbesserte Unternehmensabläufe dürften die Produktivität in den nächsten zwei Jahren erhöhen. Das Unternehmen verkauft bisher in 71 Filialen Hörgeräte und will diese Zahl mittelfristig auf 200 steigern.

Aber auch einen weiteren Ausbau seines Angebots über Brillen und Hörgeräte hinaus schließt Fielmann nicht aus. Es geht um Augenoperationen. In den Industrieländern lassen sich immer mehr Menschen die Sehschwäche weglasern. "Solange die Operateure auf den Kongressen selber noch Brillen tragen, macht mir das im Grunde keine Sorgen", scherzt Fielmann. Allerdings gebe es im Ausland schon erste Optiker, die in die Richtung expandierten. "Wir haben entsprechende Kontakte in Norwegen", sagt er und blickt in die Zukunft: "Angenommen die Technik etabliert sich, werden wir selber lasern."

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