Rassul A. hatte gestanden, seine Frau getötet zu haben. Nun beging er Selbstmord

Hamburg. Wieder ein Suizid in der Untersuchungshaftanstalt (UHA) Hamburg. In der Nacht zum Donnerstag hat sich nach Angaben der Justizbehörde der 54-jährige Rassul A. selbst schwere Schnittverletzungen zugefügt. Gestern Morgen haben ihn UHA-Mitarbeiter tot in seiner Zelle gefunden. Erst vergangenen Freitag hatte es in der Anstalt einen Suizidfall gegeben.

Rassul A. war seit Anfang Februar 2012 inhaftiert. Der afghanischstämmige Vater dreier Söhne - einer davon erst zwölf Jahre alt - soll seine Frau Mahwasch A. getötet haben. Die 42 Jahre alte Pächterin einer Bäckerei-Filiale war am 26. Januar gegen drei Uhr morgens zur Arbeit gefahren, dort aber nie angekommen. Ihr Ehemann, dem sie erst kurze Zeit zuvor nach schweren Beziehungsproblemen wieder nähergekommen war, hatte sich kurz nach dem Verschwinden als besorgter Partner gezeigt: "Wir wissen nicht mehr weiter. Die Ungewissheit frisst uns auf."

Rassul A. gestand später zwar die Tat, die Tote wurde aber bis heute nicht gefunden. "Wir müssen nun davon ausgehen, dass die Leiche nie gefunden wird", sagte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers. Das Ermittlungsverfahren sei damit beendet. Erst am Mittwoch war der Haftbefehl gegen Rassul A. um eine weitere Beziehungstat erweitert worden. "Es ging um den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung", bestätigte Möllers gestern dem Abendblatt. Es handle sich dabei um einen einmaligen Vorfall aus dem Jahre 2007.

Bereits bei der Inhaftierung im Februar hatte Rassul A. Suizidabsichten angedeutet. Er war deswegen zunächst auf der Sicherungs- und Beobachtungsstation der UHA untergebracht. Drei Tage später erklärte er die Andeutung mit der Stresssituation während der Vernehmung. Er verließ daraufhin die Beobachtung. Zweimal wurde seitdem nach Angaben der Justizbehörde ein Gespräch zur Suizidprävention mit Rassul A. geführt - zuletzt am 10. April. Dabei habe er stets einen stabilen Eindruck gemacht. Auch habe er regelmäßig Besuch von Verwandten erhalten.

"Ich bin zutiefst bestürzt über den Tod des Mannes", sagte Justizsenatorin Jana Schiedek (SPD). Ihr Mitgefühl gehöre insbesondere den drei Söhnen. "Untersuchungshaft ist immer eine besondere Belastung für die Betroffenen", sagte Schiedek. Sie habe deshalb veranlasst, dass bis zum Ende der Woche Maßnahmen entwickelt werden, die dieser besonderen Belastung Rechnung tragen und einer Vereinsamung der Gefangenen entgegenwirken.

Viviane Spethmann, rechtspolitische Sprecherin der CDU, reicht das nicht aus: "Seit Antritt des SPD-Senats gab es mittlerweile fünf Suizide." Zudem eine Vergewaltigung und den Hungerstreik von 23 Untersuchungshäftlingen seit vergangenem Sonntag. In den Jahren zuvor habe es maximal zwei Suizide im Jahr gegeben. "Dies alles deutet auf eine dramatische Verschlechterung der Lage im Justizvollzug hin", sagte Spethmann. "Dass die Justizsenatorin nach jedem Vorfall in einer Pressemitteilung ihre Betroffenheit erklärt, reicht nicht mehr aus." Der Senat müsse endlich Gegenmaßnahmen ergreifen und dem Parlament im Ausschuss Rede und Antwort stehen.