EU-Auflagen belasten schwer. Doch Steuerzahler sollen nicht zur Kasse gebeten werden. Verstärkter Kundenfang in West- und Süddeutschland.

Hamburg. Der Nordstern ist weg: Die HSH Nordbank überraschte die Journalisten bei der Bilanzvorlage am Freitag mit einem neuen Logo. Anstelle des blauen Polarsterns, der für eine feste Orientierung stehen und dessen an eine Kompassrose erinnernde Form einst die internationale Ausrichtung der Bank symbolisieren sollte, prangt über dem Schriftzug nun ein schwarzes Sechseck mit einem blütenartigen Muster darin. In der neuen Bildmarke fänden sich Elemente der von den beiden Vorgängerinstituten, den Landesbanken Hamburgs und Schleswig-Holsteins, bis zur Fusion im Jahr 2003 verwendeten Signets wieder, erklärte HSH-Chef Paul Lerbinger.

Kommentar: Schwieriger Neustart

Wiederholt beschwor er den Neuanfang nach den schweren Turbulenzen, die mit der Finanzkrise 2008 einsetzten und sich bis zu den EU-Auflagen vom September 2011 hinzogen: "Wir stehen zu unserer Tradition, aber wir schließen mit unserer Vergangenheit ab." Dazu gehöre auch ein Wechsel der Firmenkultur. "Wir bauen die HSH Nordbank zu einer leistungsstarken Bank für Unternehmer um, wir wollen denken und handeln wie unsere Kunden", so Lerbinger.

Doch im Zahlenwerk, das er präsentierte, holt die Vergangenheit mit den fatalen Fehlspekulationen die Landesbank wieder ein. Mit einem Verlust von 263 Millionen Euro fällt sie - wie schon vor Monaten angekündigt - in die roten Zahlen zurück, nachdem für 2010 ein Gewinn von 104 Millionen Euro verbucht wurde.

Verursacht wird der Fehlbetrag durch eine Sonderzahlung von 500 Millionen Euro, die die HSH auf Anweisung aus Brüssel den beiden Hauptanteilseignern Hamburg und Schleswig-Holstein überweisen musste. Der Betrag ist als zusätzliche Gegenleistung für die milliardenschweren Garantien, mit denen die beiden Länder die Bank vor der Pleite bewahrten, gedacht. Im Januar brachten die Gesellschafter das Geld in Form einer Kapitalerhöhung wieder in die HSH ein.

"Ohne die Einmalzahlung hätten wir ein positives Ergebnis ausgewiesen", sagte Lerbinger - und das, obwohl der Neustart in einem äußerst herausfordernden Umfeld in Angriff genommen wurde. "Ungünstiger hätte es uns nicht treffen können", so der HSH-Chef. Die Abschwächung der Konjunktur, die Krise in der Schifffahrt, ein ungünstiger Verlauf der Wechselkurse und der Wertverfall bei Staatsanleihen liefen allesamt gegen die Bank. Infolge der Staatsschuldenkrise musste sie allein 261 Millionen Euro Wertberichtigungen und Abschreibungen auf Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Länder tragen, das Griechenland-Engagement steht jetzt nur noch mit 20 Prozent des Nennwertes in den Büchern.

Hinzu kommen die Auflagen aus Brüssel im Rahmen des im September abgeschlossenen Beihilfeverfahrens. "Das sind alles in allem sehr harte Bedingungen", sagte Lerbinger: Die Flugzeugfinanzierungssparte und der Bereich für internationale Immobilienfinanzierungen müssen abgewickelt werden. Außerdem muss die Bilanzsumme bis zum Jahr 2014, wenn die EU-Auflagen enden, auf 82 Milliarden Euro in der Kernbank und auf 38 Milliarden Euro in der sogenannten Abbaubank, in die faule Wertpapiere und abzuwickelnde Geschäfte übertragen wurden, geschrumpft sein. Aktuell liegt die Bilanzsumme noch bei insgesamt 136 Milliarden Euro.

Die Verkleinerung der Bank ist mit massiven Stellenstreichungen verbunden: Die Mitarbeiterzahl soll bis 2014 von derzeit knapp 3700 auf 2300 Beschäftigte sinken. Gespräche über 330 Aufhebungsverträge laufen bereits. Die durch den Stellenabbau ausgelösten Restrukturierungskosten schlugen mit 235 Millionen Euro zu Buche.

Trotz allem ist die HSH aus Sicht des Vorstands auf dem Weg zur Normalität schon ein gutes Stück vorangekommen: Das Neugeschäft hat sich belebt, der Gewinn vor Restrukturierungsaufwendungen hat sich um 52 Prozent auf 914 Millionen Euro verbessert.

Ohne die öffentlichen Garantien wäre dieses Ergebnis allerdings nicht möglich gewesen, räumte Lerbinger ein. Die von Hamburg und Schleswig-Holstein gewährten sogenannten Zweitverlustgarantien belaufen sich noch auf sieben Milliarden Euro. Seit Beginn der Restrukturierung seien den Ländern dafür Prämien von 1,6 Milliarden Euro zugeflossen, hieß es. Bisher sei der Steuerzahler nicht tatsächlich zur Kasse gebeten worden und man gehe davon aus, dass das auch so bleibt. Die Wahrscheinlichkeit, dass auch nur ein Cent der Garantien tatsächlich in Anspruch genommen werden müsse, liege unter 40 Prozent, so Finanzvorstand Constantin von Oesterreich.

Die Zuversicht rührt unter anderem daher, dass Lerbinger bereits für 2012 wieder ein positives Ergebnis erwartet. Dennoch stellte sich die Bank mit einer Risikovorsorge von 654 Millionen Euro, die überwiegend auf den Bereich Schifffahrt entfiel, auf die weiter unsicheren Zeiten an den Märkten ein. Bis Jahresende werde man im Schifffahrtssektor aber "den Boden gesehen haben", hofft Vorstandsmitglied Torsten Temp.

Das neu gewonnene Selbstvertrauen der HSH drückt sich auch in der Strategie für das Firmenkundengeschäft aus: Mittelfristig will die Landesbank auch in West- und Süddeutschland verstärkt auf Kundenfang gehen.