Wieder klagen Anwohner gegen eine geplante Kita

Es läuft etwas schief in unserer Gesellschaft, wenn Menschen keine Kinder in ihrer Nähe haben möchten. Wenn sie gegen Kindertagesstätten in ihrer unmittelbaren Umgebung vorgehen, weil sie fürchten, dass es zu laut werden und zu viel Unruhe mit sich bringen könnte. So wie an der Geibelstraße in Winterhude, wo die Anwohner offensichtlich regelrecht nach einem Grund gesucht haben, um den Neubau einer Kita zu verhindern. Sie finden, dass ein Kindergarten nicht in das Gebäudeensemble passt, dass sich ihre Kunden von den Geräuschen der Kinder gestört fühlen könnten.

In was für einer Gesellschaft leben wir, in der es als schlecht für das Firmenimage gilt, wenn sich in der Nähe Kinder aufhalten?

Schon einmal hatten in Hamburg Kita-Gegner mit ihren Klagen Erfolg: Die Kita Marienkäfer musste umziehen, im neuen Gebäude sogar eine Lärmschutzwand aufstellen, weil wieder ein Nachbar dagegen war.

Kinder können laut sein und nerven. Nicht jeder hat eigene Kinder, nicht jeder mag sie, und das ist in Ordnung. Aber Kinder gehören dazu. Und in einer dicht bebauten Großstadt kommen sie einem häufig noch näher, sind noch allgegenwärtiger. Ob es den um ihre Ruhe besorgten Mitmenschen nun passt oder nicht.

Dass bereits die Hälfte der geplanten Kita-Plätze in Winterhude lange vor der Eröffnung vergeben worden ist, zeigt, wie groß der Bedarf an Kinderbetreuung in Hamburg ist.

Grotesk ist es, dass unter den Winterhuder Kita-Gegnern auch die frühere Leiterin des Hamburger Amtes für Gleichstellung ist. Die Frau, die öffentlich die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf propagiert hat, sich kinder- und familienfreundlich gab. Alles nur Lippenbekenntnisse? Vor der eigenen Haustür ist es mit der Toleranz vorbei. Wie so häufig.

Die Politik hat mit der "Kinderlärm-Verordnung" den Weg gewiesen. Kinderlärm ist danach zu tolerieren und kein Grund zur Klage. Nun muss die Gesellschaft einer kinderfreundlicheren Zukunft noch folgen. Anscheinend ist das ein langer Weg.