Haushaltswächter der EU würden Legitimität untergraben

Es ist eine alte Weisheit aus den Anfangstagen der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg und aus der Annäherung der beiden Deutschlands nach dem Mauerfall. Aus dem wirtschaftlichen Erfolg speist sich der politische. Mit anderen Worten: Solange die Menschen Jobs, genügend Geld im Portemonnaie und eine Ahnung von der Zukunft haben, stützen sie ihr Staatsgebilde. Was bedeutet das im umgekehrten Fall für Europa und den Euro? Schwächelt die Einheitswährung, bricht dann die Idee der Europäischen Union zusammen? Zumindest ist das zu befürchten.

Mit der Euro-Rettung und dem heutigen Gipfel ist eine mögliche Maßnahme verbunden, die den EU-Spitzen und den Bürgern Angstschweiß und Zornesröte ins Gesicht treibt. Kanzlerin Angela Merkel ließ die Idee streuen, einen Haushaltswächter in die Länder zu entsenden, die Geld aus den Rettungsfonds beziehen wollen, aber ihren Etat nicht im Sinne Brüssels gestalten. Es geht ein Gespenst um in Europa: der Sparkommissar.

Auch wenn ein solcher Kontrolleur zunächst nur für den Extremschuldner Griechenland geplant wäre, kann man sich seinen Einsatz in weiteren Euro-Staaten vorstellen. Ein Sparkommissar würde jedoch bei den Älteren die Ressentiments gegenüber "denen da in Brüssel" nähren und die Hoffnungslosigkeit der Jungen befeuern. Europas Legitimität würde untergraben. Dabei hat es Merkel in Griechenland und Italien ohnehin mit Regierungschefs zu tun, die ökonomischen Verstand, aber keine Legitimation durch das Volk mitbringen. Lucas Papademos (ehemals Vize der Europäischen Zentralbank) und Mario Monti (früher EU-Kommissar) bringen das Charisma einer Spardose in ihre Not-Regierungen.

In Deutschland, urteilte das Bundesverfassungsgericht, muss die Euro-Rettung vom Bundestag abgesegnet werden. Die Finanzautorität ist das vornehmste Recht eines Parlaments. Dies gilt auch für Athen. Merkel muss beim Gipfel mit viel Fingerspitzengefühl klarmachen, dass die Griechen besser nach einem Sparkommissar rufen, als ihn verordnet zu bekommen.