Die Förderung von neun Schulbüchereien ist nur bis zum Sommer 2012 gesichert. Die Fachkräfte können nicht mehr bezahlt werden.

Hamburg. Ein Modellprojekt, das unter der schwarz-grünen Regierung im Juli 2009 eingeführt wurde, steht vor dem Aus: Neun Schulbibliotheken, die durch mehr Beratung und erweiterte Öffnungszeiten Kindern und Jugendlichen aus sozial schwachem Umfeld Zugang zu Literatur ermöglichen sollten, werden ab Juli 2012 wieder auf "Normalbetrieb" zurückgeführt. Die drei Gymnasien, drei Stadtteilschulen und drei Grundschulen wurden während des Versuchs mit insgesamt zwei Millionen Euro unterstützt. Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde, bestätigt, dass das Projekt aus finanziellen Gründen zum 31. Juli 2012 auslaufen wird: "Es war von Anfang an befristet und auch im Haushalt nur für diesen Zeitraum finanziert." Die Fachkräfte können nicht mehr bezahlt werden. Danach sollen die Bibliotheken wie in anderen Schulen auch durch Lehrer oder Eltern betreut werden.

Ortstermin in der Schulbibliothek der Fritz-Köhne-Schule in Rothenburgsort. Eine Stunde pro Woche kommen die Lehrer mit ihren Klassen in die Bibliothek, um selbstständiges Arbeiten zu üben. Die Kinder recherchieren, blättern eifrig. "Ohne die Unterstützung einer Fachkraft wäre die Nutzung der Bibliothek so nicht möglich", sagt Deutschlehrerin Anna-Maria Gangsøy, "viele Kinder haben zu Hause keinen Zugriff auf Bücher, sie erlernen hier zum ersten Mal den Umgang mit Literatur." Dies war auch einer der Gründe, warum die neun Schulbibliotheken unter der schwarz-grünen Regierung in Schulen in sozialen Brennpunkten eingerichtet wurden. Rund ein Viertel der Einwohner in Rothenburgsort hat Migrationshintergrund, fast ebenso viele sind Hartz-IV-Empfänger.

+++ Medium Schulbibliothek: Lernen in der Bücherecke +++

+++ Mehr Geld für die Leseförderung +++

Schauspieler Till Demtrøder ("Großstadtrevier"), der während der Märchentage hier vorlas, lobt, hier könne man "mit wenig Aufwand vieles erreichen". Es sei "ein Skandal, das Projekt infrage zu stellen". Es gibt keine öffentliche Bücherhalle im Stadtteil, die Kinder der Fritz-Köhne-Schule sind privilegiert - noch. "Ab Juli 2012 wird meine Stelle nicht mehr finanziert", sagt Bibliothekarin Franziska Thode. Wie es dann weitergeht, weiß sie nicht, "der Bestand veraltet, niemand sorgt mehr dafür, dass die Bücher dorthin zurückkommen, wo sie hingehören". Jeden Nachmittag finden Kurse in der Bibliothek statt, die Schüler entwerfen eine Schülerzeitung, Franziska Thode vermittelt spielerisch den Umgang mit Büchern. "Die Kinder sind anspruchsvoll, nur mit Vorlesen geben sie sich nicht zufrieden. Man muss schon versuchen, die Nachmittage interessanter als Computerspiele und Fernsehen zu gestalten."

Täglich sind bis zu 100 Kinder in der Bibliothek. Auch von zu Hause haben die Schüler über die elektronische Datenbank Zugriff auf die Bibliothek. Und ohne Frau Thode? "Ohne Frau Thode", sagt die achtjährige Selin, "wäre es hier langweilig."

Entdecken Sie Top-Adressen in Ihrer Umgebung: Bildung in Hamburg