Lübeck. Mord oder Totschlag aus Verzweiflung? Eine 43-Jährige gesteht, ihren Mann erstochen zu haben. Er habe sie beleidigt und gedemütigt, sagt sie. Die Staatsanwaltschaft hält das für eine Schutzbehauptung.

Im Prozess um den Mord an einem Familienvater hat die Staatsanwaltschaft am Montag lebenslange Haft für die angeklagte Ehefrau gefordert. Die 43-Jährige hatte gestanden, im Oktober 2015 in Kabelhorst im Kreis Ostholstein ihren 58 Jahre alten Ehemann mit 14 Messerstichen getötet zu haben. Sie muss sich deshalb seit Mai vor einer Strafkammer des Lübecker Landgerichts verantworten. "Es tut mir sehr leid. Ich hatte niemals vor, so etwas zu tun", sagte die Angeklagte in ihrem Schlusswort. Das Urteil soll am 17. August verkündet werden.

Oberstaatsanwältin Ulla Hingst sagte am Montag in ihrem Plädoyer, die Hauptverhandlung habe zweifelsfrei erwiesen, dass die Angeklagte die alleinige Täterin gewesen sei. "Es besteht auch kein Zweifel daran, dass sie ihr arg- und wehrloses Opfer im Schlaf erstochen hat. Dafür sprechen die fehlenden Abwehrverletzungen und das Spurenbild am Tatort", sagte Hingst.

Die Angeklagte hatte bereits am 3. Verhandlungstag das Geschehen am Abend des 22. Oktober geschildert. Ihr Mann habe nicht aufgehört, sie zu beschimpfen, hatte sie damals ausgesagt. Schließlich habe sie die Kontrolle über sich verloren, ein Messer aus der Küche geholt und zugestochen. Als Motiv nannte sie die dauernden Demütigungen durch ihren Ehemann.

"In der Hauptverhandlung hat die Angeklagte mindestens vier verschiedene Varianten dazu präsentiert", sagte Hingst. Dabei sei die Angeklagte keineswegs das kleine Mäuschen, als das sie sich darstelle, sagte die Staatsanwältin. "Die psychiatrische Sachverständige hat die Angeklagte vielmehr als sehr bestimmend, leicht kränkbar und schauspielerisch veranlagt geschildert", sagte Hingst.

Der Verteidiger der Angeklagten, Rechtsanwalt Stefan Tripmaker, wertete die Tat dagegen als Totschlag. Es sei keineswegs erwiesen, dass das Opfer zur Tatzeit geschlafen habe. Er schilderte die Angeklagte als eine zutiefst verunsicherte und vom Leben enttäuschte Frau. "Sie hatte Angst, von ihrem herrischen Ehemann in ihre afrikanische Heimat zurückgeschickt zu werden", sagte Tripmaker. Zudem habe sie auch glaubhaft versichert, dass ihr Mann sie und die gemeinsamen Kinder mit dem Tod bedroht habe. "Das zusammen hat zu einer Kurzschlussreaktion geführt, so dass von einer eingeschränkten Steuerungsfähigkeit ausgegangen werden muss", sagte Tripmaker.

Er wertete die Tat als Totschlag und forderte eine milde Strafe. Einen konkreten Antrag zum Strafmaß stellte er nicht. Der Nebenklagevertreter, der die beiden minderjährigen Kinder der Angeklagten vertritt, forderte dagegen, die Angeklagte wegen Mordes zu lebenslanger Haft zu verurteilen.