Umgang mit Flüchtlingen ist kein Ruhmesblatt für Hamburg

Bevor wir den üblichen Streit um Flüchtlingsunterkünfte in Hamburg führen, sollten wir uns eines vergegenwärtigen: Es ist oft die pure Not - Krieg, Angst vor Verfolgung, zumindest aber die Aussicht auf ein besseres Leben -, die Menschen zu uns flüchten lässt. Und dass es ihnen in ihrer Heimat schlechter geht, daran haben auch wir einen Anteil. Weil wir zum Beispiel den Export von Produkten armer Staaten durch Zölle behindern oder weil wir den "Wert" von Produkten daran bemessen, was wir zu bezahlen bereit sind, und nicht daran, was die Arbeiter zum (Über-)Leben brauchen. Kurz gesagt: Weil wir das Ungleichgewicht zementieren. Und wenn diejenigen, die darunter leiden, dann zu uns kommen, gar unsere Nachbarn werden könnten, weil sie auf einen Bissen von unserem großen Wohlstandskuchen hoffen, dann beschweren wir uns? Das ist schäbig.

Das vorangestellt, lohnt sich dennoch ein Blick auf die geplanten Unterkünfte in Hamburg. Es ist zwar eine Illusion, dass es überhaupt einen Standort gibt, den alle Betroffenen für ideal befinden. Aber allzu oft gehen die Behörden den Weg des geringsten Widerstands. Und der führt dann in entlegene und bislang wegen Fluglärms gesperrte Häuser in Neuenfelde, in dünn besiedelte Gebiete wie in Neuland, in ein angebliches "Gewerbegebiet" in Hamm oder gar in ein ehemaliges Gestapo-Hauptquartier in Wilstorf. Standorte in Eppendorf, Eimsbüttel, Blankenese, Ottensen oder Winterhude? Fehlanzeige - das enorme Protestpotenzial in diesen Gegenden wirkt schon präventiv.

Diese Botschaft an die Notleidenden - wirklich willkommen seid ihr nicht - ist der weltoffenen und liberalen Stadt Hamburg unwürdig, und es ist auch kontraproduktiv. Denn Integration, und die sollte ja das Ziel sein, gelingt vor allem dort, wo es einen vernünftigen Mix gibt aus Einheimischen und Fremden, aus Arm und Reich. Diesen Mix scheint die Stadt bislang gar nicht anzustreben. Warum nur? Der Pflicht, Flüchtlinge und Zuwanderer aufzunehmen, kann sie sich ohnehin nicht entziehen, und sie sollte es auch nicht versuchen.