Schulbehörde: Förderprogramm kann statt 7,8 Millionen Euro ein Drittel mehr kosten. Der Einsatz von Honorarkräften ist rechtlich umstritten.

Hamburg. Hamburg steht wohl vor einer Entscheidung: Entweder der Senat gibt mehr Geld aus für sein geplantes Programm "Fördern statt Wiederholen" und die Ganztagsbetreuung der Grundschüler - oder aber das Angebot kann nicht in der Form ausgebaut werden wie bisher geplant. Wenn nicht wie geplant freie Honorarkräfte mit den Aufgaben betraut werden können, sondern sozialversicherungspflichtig Beschäftigte angestellt werden müssen, ist dies "rund ein Drittel teurer", sagte Peter Albrecht, Sprecher der Schulbehörde, dem Abendblatt.

Der Einsatz von Honorarkräften ist rechtlich umstritten - Hamburgs Schulleiter sind deshalb jetzt alarmiert. Hintergrund: Das Arbeitsgericht in Hannover geht davon aus, dass "im Regelfall Honorarverträge zur Betreuung von Arbeitsgemeinschaften im Rahmen des Ganztagsbetriebes unzulässig" sind, und weist in einem Urteil von Ende 2010 außerdem darauf hin, dass "für die pädagogischen Angebote im Ganztagsbereich die Schulleitung grundsätzlich die alleinige Verantwortung trägt".

Für einen Schulleiter kann dies ein großes Risiko bedeuten: Würde er, wie von der Schulbehörde derzeit vorgesehen, eine Honorarkraft zum Beispiel für die Nachhilfe von Schülern beschäftigen und diese Beschäftigung von der Rentenversicherung als Scheinselbstständigkeit gewertet, würde ein Disziplinarverfahren gegen den Schulleiter der betreffenden Schule eröffnet - und nicht gegen die Behörde. Auch aus diesem Grund hat der Verband Hamburger Schulleitungen (VHS) ihre Mitglieder nun aufgefordert, zunächst keine Honorarkräfte mehr zu beschäftigen. Noch in dieser Woche wird es ein Gespräch des Schulsenators mit den Schulleitungen geben.

Ebenfalls noch ungeklärt ist, ob künftig gewerbliche Anbieter die Nachhilfe an den Schulen übernehmen dürfen. Bisher verbietet dies das Hamburger Schulgesetz. "Wir arbeiten an einer Klärung, bisher haben wir aber noch keine Lösung für das Problem gefunden", so Peter Albrecht.

Der schulpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Robert Heinemann, hält vor allem die Situation für die Schulleiter für nicht tragbar. "Die Schulleitungen dürfen rechtlich nicht alleingelassen werden. Die Haftung muss die Behörde übernehmen", sagte er im Gespräch mit dem Abendblatt. Ein etwaiges Disziplinarverfahren dürfte keine Nachteile für eine Schule mit sich bringen. Außerdem, so die Forderung des CDU-Politikers, müsse das Problem der möglicherweise steigenden Kosten in den aktuellen Haushaltsberatungen des Senats beachtet werden. "Der Senat hätte sein Programm zu Nachhilfe und Ganztagsbetreuung erst dann ausweiten sollen, wenn das Problem der Honorarkräfte gelöst ist", so Heinemann.

Die Schulbehörde wusste um die schwierige Situation. "Wir waren seit dem Urteil in Niedersachsen alarmiert und wussten darüber vor dem Senatsprogramm Bescheid", sagte Behördensprecher Peter Albrecht. Dennoch blieb die Behörde bisher dabei: Der Einsatz der Honorarkräfte in Hamburg sei rechtens. Ob das auch die Deutsche Rentenversicherung so sieht, wird sich zeigen. Sie überprüft gerade sämtliche Verträge mit Honorarkräften an Hamburger Schulen von den Jahren 2006 bis 2010. Die entsprechenden Unterlagen sind bei Behörde und den Schulen angefordert. Sollte die Rentenversicherung (wie in Niedersachsen) zu dem Schluss kommen, dass es sich bei nur einigen der Arbeitsverhältnisse um eine Scheinselbstständigkeit handelt, könnten die Nachzahlungen für Hamburg in die Millionenhöhe gehen.

Bisher hat der Senat 7,8 Millionen Euro für das Programm eingeplant, davon stammen drei Millionen aus dem Bildungspaket des Bundes für bedürftige Kinder. Rund 14.000 Schüler sollen nach Planungen der Hamburger Behörde von der kostenlosen Nachhilfe profitieren, zehn Prozent der Schülerschaft. Die Schulbehörde ging davon aus, dass pro Klasse künftig zwei Wochenstunden Förderunterricht finanziert werden könnten.