Reformen von Schulsenator Ties Rabe sind bedroht: Rektoren warnen vor Einstellung von Honorarkräften. Auch Nachhilfe gefährdet.

Hamburg. Kostenlose Nachhilfe und Ganztagsbetreuung an allen Hamburger Grundschulen - das sind die zentralen Projekte im Schulkonzept des Senats. Schulsenator Ties Rabe (SPD) setzt dabei auch auf Honorarkräfte, die die Betreuung und gezielte Förderung von Schülern am Nachmittag übernehmen sollen. Doch der Einsatz solcher Honorarkräfte ist rechtlich umstritten - und die Umsetzung von Rabes Reformen deshalb jetzt bedroht.

Sowohl die im Verband Hamburger Schulleitungen (VHS) zusammengeschlossenen Schulleiter als auch die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) raten den Schulen, bis zur endgültigen Klärung der Rechtslage "keine weiteren Honorarverträge abzuschließen". Sie berufen sich auf ein Gerichtsurteil aus Niedersachsen. Demnach dürfen "Regelaufgaben" wie die Nachmittagsbetreuung oder Nachhilfe, bei denen die Beschäftigten in den Dienstbetrieb der Schule eingegliedert sind und den Weisungen der Schulleitung unterstehen, nur von Mitarbeitern in "regulären Beschäftigungsverhältnissen" mit Versicherungspflicht wahrgenommen werden.

+++ Nachhilfe kann für Hamburg teurer werden +++

+++ Alle Grundschulen werden Ganztagsschulen +++

+++ Acht Stunden Schule - aber wie? +++

Robert Heinemann, der schulpolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, ist überzeugt, dass sowohl die kostenlose Nachhilfe als auch die flächendeckende Ganztagsbetreuung deshalb nicht eingeführt werden können. "Rechtlich fragwürdige Vorgaben der Schulbehörde machen die beiden Projekte de facto unmöglich", sagte er dem Abendblatt. Die Schulbehörde sieht das ganz anders. "Nach eingehender Prüfung unserer Juristen sind wir der Auffassung, dass sich das Problem in Hamburg nicht ergibt", sagte Behördensprecher Peter Albrecht dem Abendblatt. Er fügte aber hinzu: "Wenn das doch der Fall sein sollte, wird Hamburg die Nachzahlungen für Sozialversicherungsbeiträge leisten."

+++ Reformen nicht aufs Spiel setzen +++

Ausgelöst wurde die Diskussion durch die Deutsche Rentenversicherung. Diese prüft derzeit die "geleisteten Honorarzahlungen der Schulen und der einzelnen Dienststellen der Behörde für Schule und Bildung für die Jahre 2006 bis 2010" darauf, ob eine "selbstständige oder abhängige Beschäftigung im Sinne des Sozialversicherungsrechts vorliegt und ob in diesem Zusammenhang eventuell die Sozialabgaben nicht richtig abgeführt worden sind". Die Hamburger Schulen müssen nun Listen zusammenstellen, in denen alle seit 2006 beschäftigten Honorarkräfte mit einer "ausführlichen Tätigkeitsbeschreibung" aufgeführt werden. Zudem weist die Rentenversicherung darauf hin, "dass bei einer Nichtabführung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsabgaben der Aspekt der Schwarzarbeit erfüllt sein kann". Dies würde dann einen Straftatbestand erfüllen.

Ursprünglich sollten diese Listen bis zum 9. September beim Rentenversicherer eingehen, die Schulbehörde hat eine Fristverlängerung bis zum 30. September erwirkt und den Schulen zudem Hilfestellung angeboten. Dem Schulleiterverband reicht das nicht. In einem Schreiben an seine Mitglieder vom 31. August rät er davon ab, neue Verträge mit Honorarkräften abzuschließen. Die rechtlichen Probleme bei ihrer Beschäftigung seien "über Jahre von der zuständigen Behörde weitgehend ignoriert und kleingeredet worden", heißt es in dem Schreiben.