Die Biotechfirma weist dank neuer Struktur erstmals Gewinne aus. 2011 hat Evotech bereits 30 Mitarbeiter eingestellt und vergrößert die Zentrale.

Hamburg. Werner Lanthaler wirkt bescheiden. Nein, aufs Foto will der Chef des Hamburger Biotechnologieunternehmens nicht. "Da sollten Forscher abgebildet werden", sagt er. Denn die 140 Wissenschaftler in der rund 160 Mitarbeiter starken Belegschaft in Hamburg seien die wahren Stars der Firma. Nur wenn sie erfolgreich neue Arzneimittelsubstanzen testen und Wirkstoffe gegen Krankheiten finden, prosperiert Evotec. Im Februar 2009 übernahm der Österreicher, der sein Handwerk bei der Unternehmensberatung McKinsey gelernt hat, das Ruder in dem Unternehmen.

Als Lanthaler von Wien nach Hamburg wechselte, stand es um Evotec nicht besonders gut. Die Biotechschmiede hatte seit der Gründung 1993 noch nie Gewinne erwirtschaftet. Evotec verzeichnete zwar Einnahmen durch seine Dienstleistungen für die Pharmaindustrie, investierte diese aber erfolglos in die eigene Forschung nach neuen Arzneien. Lanthaler hat Evotec umstrukturiert und Bereiche abgestoßen, die nicht mehr zum Geschäftsmodell passten. Gleichzeitig kaufte er Firmen zu. Inzwischen steht das Unternehmen gut da, hat 2010 sogar einen Gewinn von drei Millionen Euro erwirtschaftet. Neben Deutschland ist Evotec auch in Großbritannien, den USA, Singapur und Indien aktiv und beschäftigt weltweit 580 Mitarbeiter.

Statt zu sehr in die eigene Forschung zu investieren, hat Lanthaler die Kooperation des Unternehmens mit der Pharmaindustrie ausgeweitet. Die Konzerne sind stets auf der Suche nach Partnern. "Der Markt für externe Innovationen wächst, weil viele Pharmafirmen bestimmte Forschungsarbeiten nicht mehr selbst erledigen wollen, sondern mit spezialisierten Firmen zusammenarbeiten. Die neuen Partner sind kleiner und damit oft auch schneller." Evotec steht bei diesen Kooperationen laut Lanthaler in einigen Bereichen weltweit an der Spitze. Konzerne wie Roche, Boehringer Ingelheim, Novartis, AstraZeneca oder auch Pfizer zählen zu den Kunden der Firma, die in den Bereichen Zentrales Nervensystem, Onkologie und metabolisches Syndrom (unter anderem Diabetes) neue Medikamente mitentwickelt. Die Vorteile der Kooperationen liegen laut Lanthaler auf der Hand. "Wir bekommen die Forschung von unseren Auftraggebern bezahlt und sind im Erfolgsfall meistens auch noch beteiligt." Zudem hält er damit nicht nur Know-how im Unternehmen, sondern kann bei Bedarf auch wieder die Forschung ohne Partnerfirma auf eigene Kosten aufnehmen.

Vor Lanthalers Wechsel nach Hamburg hatte Evotec im Alleingang geforscht - und sich eine blutige Nase geholt. Denn rund 80 Prozent aller Wirkstoffe, die zu neuen Medikamenten werden sollen, schaffen es noch nicht einmal in die klinische Erprobung. Herzstück in Hamburg sind bei Evotec rund vier Meter breite Automaten für das Screening, also Durchleuchten von Teilen. "Mit ihnen testen wir jeden Tag 80 000 bis 100 000 Wirkstoffe für neue Medikamente", sagt Christine Röhr, die als Bio- und Chemieingenieurin bei dem Unternehmen arbeitet. Evotec hat die Technik selbst erfunden und die Maschinen bauen lassen.

Beim Besuch des Abendblatts wirkt der Testraum etwas unübersichtlich. Schon am Eingang stehen Umzugskartons. Die Firmenzentrale in der Schnackenburgallee ist in die Jahre gekommen und Evotec sucht mit der neuen Firmenstruktur auch moderne Räume. Da passte es, dass das Gebäude in Langenhorn, in dem der US-Pharmakonzern Ely Lilly einst residierte, leer steht. Spätestens zum Jahresende will Evotec umgezogen sein. Statt bislang 6000 Quadratmeter Fläche wird das Unternehmen dann über 12 000 Quadratmeter verfügen. Das bringt auch Platz für neue Mitarbeiter. Nachdem Lanthaler bereits in diesem Jahr 30 Wissenschaftler eingestellt hat, sollen weitere hinzukommen. Auf eine Zahl festlegen will sich der Chef aber nicht. "Das hängt von der Auftragssituation ab", sagt er. Die ist derzeit offenbar hervorragend. Gerade hat das Unternehmen wieder einen Großauftrag von Roche in der Onkologie erhalten.

Lanthaler will im neuen Haus Flächen an weitere Firmen aus dem Biotechbereich vermieten und so ein Zentrum der Branche im Norden der Stadt etablieren. Einen Namen für den Komplex hat Lanthaler auch schon gefunden. Das Gebäude und der dazu gehörende Innenhof samt Flanierbrücke soll Manfred Eigen Campus heißen. Der namhafte Forscher, der 1967 den Nobelpreis für Chemie erhielt, war einer der Gründer von Evotec.