Das Haspa-Bildungsbarometer zeigt, dass viele Schulabsolventen nicht wissen, was sie nach dem Abschluss machen wollen.

Hamburg. Die Schulzeit ist beendet und 1000 Türen in die berufliche Zukunft stehen - zumindest theoretisch - offen. Aber für mehr als 30 Prozent der Hamburger Schüler wird diese Freiheit eher zur Last, denn sie wissen nicht, wohin sie ihr Leben lenken sollen und wollen. Und selbst wenn es einen Berufswunsch gibt, bleibt die Frage, ob die eigenen Fähigkeiten ausreichen.

Das Haspa-Bildungsbarometer 2011 befasst sich mit seinen Schwerpunkten Berufsorientierung, Zukunftserwartungen und Chancengleichheit mit genau dieser Problematik. Fast 1000 Schüler aller Schulformen wurden 2010 kurz vor ihrem Abschluss für die repräsentative Erhebung befragt.

+++ Die 20 beliebtesten Berufswünsche der Hamburger Schüler +++

Zentrales Ergebnis: Viele Schüler leiden unter einem starken Orientierungsdefizit hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft. Rund jeder Dritte war trotz des bald anstehenden Endes der Schulzeit noch nicht sicher, wie es danach weitergehen soll. Bei den Befragten mit Migrationshintergrund waren es mit 45 Prozent sogar fast die Hälfte.

Die Eltern spielen bei der Berufsorientierung übrigens die größte Rolle. Sowohl bei der Frage nach erwünschter Hilfestellung als auch bei der nach dem stärksten Einfluss werden die Eltern, mit jeweils über 50 Prozent, am häufigsten als Antwort genannt. Nur Praktika spielen eine vergleichbar große Rolle. Anschließend folgen Schulen, Unternehmen und das Internet. "Mit zunehmendem Alter und steigender Qualifikation nimmt der Informationsbedarf sogar zu und wird seitens der Schüler vermehrt von Unternehmen und Schulen gewünscht", sagt Matthias Saecker, Leiter der Berufsbildung der Hamburger Sparkasse (Haspa).

Bei den Schülern, die bereits Pläne für die Zukunft haben, fällt auf, dass 41 Prozent der Realschul- und 32 Prozent der Hauptschulabsolventen weiter eine allgemeinbildende Schule besuchen wollen, um die Fachhochschulreife oder das Abitur zu erlangen. "Dieser Bildungseifer ist der Konkurrenzsituation auf dem Ausbildungsmarkt geschuldet", sagt Saecker. Denn gerade bei attraktiven Berufen werden häufig Abiturienten und Fachoberschüler bevorzugt, die immer öfter eine Lehre beginnen, statt zu studieren. Trotzdem sind 68 Prozent der Schüler der Meinung, eine echte Wahlmöglichkeit für ihre Zukunft zu haben. Der Rest ist selbstkritisch und führt die beschränkten Möglichkeiten zumeist auf unzureichende eigene Leistungen zurück. Aber: Ein Drittel der Befragten sieht Herkunft oder Geschlecht als Hürde. Zudem fällt auf, dass Mädchen selbstbewusster geworden sind und ihre Chancen optimistischer einschätzen als Jungs.

Eine Entwicklung, die für den Vorstandssprecher der Hamburger Sparkasse, Harald Vogelsang, auch eine Kehrseite hat. "Frauenförderung darf nicht dazu führen, dass der männliche Nachwuchs benachteiligt wird", sagt er. Deshalb ist das Unternehmen auch für die Abschaffung des Girls' Days zugunsten von Zukunftstagen für beide Geschlechter. Außerdem fordert die Haspa Hamburger Unternehmen auf, mehr Praktikumsplätze anzubieten. Aus pädagogischer Sicht seien neue Konzepte und eine bessere Anerkennung der Lehrer unerlässlich.

"Wir haben in Hamburg kaum klassische Rohstoffe, unser Rohstoff kann nur Bildung sein", sagt Vogelsang, selbst Vater von drei Kindern. Alle Unternehmen sollten ein Interesse daran haben, den Absolventen das Beste für sie zu bieten, denn nur so bekommen sie fähige Mitarbeiter. "Dafür müssen wir wissen, wie die jungen Leute heute ticken und wo wir sie abholen müssen."