Das kriselnde Solarunternehmen aus Hamburg ist vorerst gerettet. Ko-Interimschef Sebastian Biedenkopf zeigt sich zuversichtlich.

Hamburg. Als "Heuschreckenplage" hatte der frühere SPD-Vorsitzende Franz Müntefering die Branche der Hedgefonds einmal bezeichnet. Sebastian Biedenkopf, Ko-Interimschef des Hamburger Solarunternehmens Conergy , sieht das momentan anders: Für ihn ist der Einstieg der beiden Hedgefonds York Capital und Sothic Capital ein Grund für Freudensprünge. "Ich bin sehr glücklich darüber, dass sich alle Beteiligten geeinigt haben", sagte Biedenkopf dem Abendblatt am Sonntag.

Nach monatelangen Verhandlungen hatte Conergy am Freitagabend mitgeteilt (Abendblatt berichtete), mit seinen Kreditgebern eine neue Finanzstruktur beschlossen zu haben. Dabei sollen York Capital und Sothic Capital ihre Kredite an Conergy, die sie zuvor Banken abgekauft hatten, in eine Kapitalbeteiligung tauschen. Diese wird maximal 68 Prozent der Anteile betragen - je nachdem, wie viele Aktionäre ihr Bezugsrecht ausüben und im Rahmen der Kapitalerhöhung neue Aktien kaufen. Klarheit über die neuen Besitzverhältnisse wird es erst im Frühjahr geben.

Conergy-Ko-Chef Biedenkopf befürchtet keine Zerschlagung

Die Einigung kam quasi in letzter Minute: Bis zum 21. Dezember musste die hoch verschuldete Solarfirma eine Lösung finden, denn dann hätten die Gläubiger ihre Forderungen fällig stellen können. Zwar hatte Conergy sich erst im Sommer mühsam mit Banken auf die Verlängerung einer Kreditlinie über 325 Millionen Euro bis Ende 2011 geeinigt. Voraussetzung war allerdings, dass ein Gutachten dem Unternehmen ein positives Zeugnis ausstellt. Die Wirtschaftsprüfer kamen jedoch zu dem Schluss, dass Conergy mit Schulden von rund 260 Millionen Euro und entsprechender Zinslast nicht dauerhaft profitabel arbeiten könne.

Dank der am Freitag beschlossenen Refinanzierung soll die Schuldenlast nun um 188 Millionen Euro sinken. "Jetzt können wir uns wieder voll auf das eigentliche Geschäft konzentrieren", sagte Biedenkopf. Dass die US-Fonds York und Sothic Capital das Hamburger Unternehmen zerschlagen könnten, befürchtet der Finanzvorstand und Ko-Interimschef nicht. "Erste Gespräche zeigen, dass die Fonds an das Konzept von Conergy glauben - Werte, die nicht in dieses Konzept passen, haben wir ohnehin bereits verkauft", erläutert Biedenkopf. Der Hedgefonds York Capital war 2009 durch einen Einstieg bei dem hoch verschuldeten deutschen Dachziegelhersteller Monier in Erscheinung getreten - Synergieeffekte sind also vorstellbar. Zudem gibt es nach Biedenkopfs Einschätzung nicht mehr viel Spielraum, um Conergy mit seinen 1600 Beschäftigten in 16 Ländern gesundzuschrumpfen - bereits nach der Fastpleite im Jahr 2007 war die Zahl der Mitarbeiter nahezu halbiert worden.

Conergy will sich auf Auslandsmärkte konzentrieren

Damals begann die Krise des einstigen Stars der Solarbranche, das der Hamburger Hans-Martin Rüter 1998 gegründet und 2005 an die Börse gebracht hatte. 2007 stand Conergy kurz vor der Pleite, weil man sich für die Expansion verschuldet und auf Nebenschauplätzen wie der Windenergie verloren hatte. Erst der neue Vorstandschef Dieter Ammer, früherer Tchibo-Lenker und entfernter Onkel des Conergy-Gründers, konnte das Unternehmen mit frischem Kapital retten.

Nach verlustreichen Jahren mit einer Aktie im Sinkflug schreibt Conergy jetzt operativ wieder schwarze Zahlen. In den ersten neun Monaten war der Umsatz im Vorjahresvergleich von 356 auf 665 Millionen Euro gestiegen. Vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern erwartet der Vorstand für 2010 ein operatives Ergebnis von 30 bis 40 Millionen Euro. Trotz der schwierigen Lage der deutschen Solarbranche will Conergy diesen Positivtrend fortsetzen, vor allem durch die Konzentration auf Auslandsmärkte. Die 400 Arbeitsplätze in Hamburg seien "deshalb nicht mehr gefährdet", sagte Biedenkopf.