Der Arzt des 34 Jahre alten Klägers habe eine schmerzhafte Daurerektion mit beginnender Sepsis nicht erkannt, bei rechtzeitiger Einweisung hätte die Amputation vermieden werden können.

München. Ein ganzes Leben verpfuscht, weil ein Arzt die falsche Entscheidung getroffen hat? Die Leidensgeschichte eines Urologie-Patienten ist am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht München aufgerollt worden. Der inzwischen zu 100 Prozent erwerbsunfähige Kläger fordert von einem Urologen Schadenersatz und Schmerzensgeld von insgesamt 767 000 Euro wegen fehlerhafter Behandlung. Darüber will das Gericht am 24. Juli entscheiden. Dem 34-Jährigen mussten nach einem septischen Schock der linke Unterschenkel und der Penis amputiert werden, er ist zeugungsunfähig und sitzt im Rollstuhl.

Mit Schmerzen in Brust und Bauch war der damalige Lagerist 2009 zunächst zu seinem Hausarzt gegangen, der ihn nach Ausbreitung der Schmerzen auf den Genitalbereich an einen Urologen überwies. Dieser untersuchte per Ultraschall und verordnete ein Antibiotikum, das die Beschwerden nicht linderte. Ein anderer Facharzt diagnostizierte eine Dauererektion ohne sexuelle Erregung (Priapismus) und schickte den Patienten ins Krankenhaus, wo sich neben einem septischen Schock und Nierenversagen Gewebezerstörungen entwickelten, die Amputationen erforderten.

Vor dem Landgericht Traunstein wurde die Klage des 34-Jährigen nach einem Expertengutachten abgewiesen, da keine Fehlbehandlung erkannt wurde. „Wir haben hier das Ergebnis eines schicksalhaften Verlaufs, nicht das eines Behandlungsfehlers“, betonte im Berufungsprozess der Anwalt des Urologen.

Der Patient lebt wieder im Elternhaus, nachdem die Beziehung zur Mutter seines Kindes an seiner Leidensgeschichte zerbrochen war. Die jetzt sechsjährige Tochter halte ihn aber auf Trab, sagte der Mann am Rande der Sitzung. Dank Ergotherapie und Krankengymnastik kann er kurze Strecken mit Krücken gehen. Er benötigt ständig starke Medikamente, wegen der seelischen Folgen ist er immer noch in Psychotherapie.