Statistisch gibt es so eine Geburt nur einmal pro Jahr in Deutschland. Salih, Melda, Nazli und Kerem wogen weniger als 1450 Gramm.

Hamburg. Ihre Bewegungen sind noch wie ein zartes Rudern im Mutterleib, die Augen öffnen sie nur zu einem Blinzeln. Kaum vorstellbar, dass sie eines Tages ausgewachsene Menschen sein werden. Zu zerbrechlich wirken ihre Gliedmaßen, die Beine kaum größer als die Finger eines Erwachsenen.

Am 11. Februar kam in der Asklepios Klinik Barmbek erst Salih per Kaiserschnitt zur Welt. Dann Melda. Dann Nazli. Und dann noch Kerem. Vierlinge für die Mutter Melike und Vater Hayri Aydin, zehn Wochen vor dem eigentlichen Geburtstermin. Zwei Mädchen, zwei Jungen. Keines der Babys hat bei der Geburt mehr als 1450 Gramm gewogen, Melda sogar nur ein knappes Kilo. Die vier winzigen Menschen sind etwas ganz Besonderes: Eine Vierlingsgeburt gibt es statistisch nur einmal pro Jahr in Deutschland.

"Ich war durcheinander, überwältigt von meinen Gefühlen", erinnert sich Hayri Aydin an den Moment, als der Vater seine vier Kinder zum ersten Mal sah. Damals streichelte er seiner Frau bei der Geburt das Gesicht. Als Salih als erstes von den Ärzten in den Händen gehalten wurde, flossen bei ihm die Tränen. Während er aus seiner Erinnerung erzählt, legt er seiner Frau liebevoll die Hände auf die Schulter. Sie lächelt dabei friedlich, als ob sie noch immer etwas erschöpft von der Schwangerschaft sei. Seit der Geburt darf jedes ihrer Kinder mindestens eine Stunde am Tag die Wärme ihrer Eltern spüren, länger dürfen die kleinen noch nicht aus dem Brutkasten heraus.

Prof. Bernhard-Joachim Hackelöer macht es sichtlich Spaß, die Namen der vier auswendig zu lernen. Manchmal kommt der Chefarzt der Geburtshilfe noch etwas durcheinander. Unter seiner Leitung kamen die Babys zur Welt. "Es sind erst meine dritten Vierlinge", sagt der 65-Jährige mit fast väterlichem Stolz. Insgesamt 18 Menschen waren bei der Geburt beschäftigt, jeweils neun im Operationssaal und im Erstversorgungsraum nebenan. Operateure, Anästhesisten, Hebammen, OP-Schwestern, Kinderärzte und Kinder-Intensiv-Schwestern halfen den vier Winzlingen auf die Welt zu kommen. "Wir sind allen, die uns vor, während und nach der Geburt geholfen haben, sehr dankbar", betont der Vater und verleiht seinem Dank mit gefalteten Händen Nachdruck.

Vor acht Jahren lernten sich die Eltern in ihrem Heimatort Elazig im Osten der Türkei kennen, ein Jahr später heirateten sie. Nachdem sie einige Monate als Lagerist und Stickerin in Den Haag gearbeitet hatten, kehrten sie im Dezember nach Deutschland zurück. "Wir gehören nach Hamburg, fühlen uns hier wohl und hatten einfach Heimweh", sagt der 36-jährige Familienvater, der schon einen deutschen Pass hat. Nach der Geburt ist die Mutter aber nicht nur froh, dass alle Kinder gesund sind, sondern auch im wahrsten Wortsinn erleichtert. Stolze 135 Zentimeter Bauchumfang trug die Mama mit sich herum. "Zuletzt konnte ich mich im Bett nicht mehr umdrehen, kaum schlafen", sagt Aydin, die sich künstlich befruchten ließ.

Die größte Sorge bereitet den Eltern, dass sie nach der Rückkehr aus den Niederlanden noch ohne Wohnung sind. "Unsere Möbel haben wir untergestellt, ich schlafe bei Verwandten", erklärt der Vater. Kinderwagen, Spielzeug, Anziehsachen, mit allem fängt die Familie bei null an. "Ich wünsche der Familie von Herzen, dass ihr geholfen wird und sie bald mit einer Wohnung einen guten Start ins Familienleben haben wird", sagt Dr. Reinhard Laux, der Chefarzt der Neonatologie, wo die Frühchen umsorgt werden.

Die Kinder haben bereits einen guten Start in ihr Leben erwischt. "Eigentlich haben Babys unter 1500 Gramm statistisch keine besonders gute Prognose. Bei ihnen besteht das größte Risiko von Folgeschäden", gibt Dr. Laux zu bedenken. "Alle vier brauchten aber keine künstliche Beatmung." Nur etwas zusätzliche Wärme und eine Magensonde mit Muttermilch und Frühchennahrung seien nötig. In sechs bis acht Wochen werden die vier ihren Rückstand aufgeholt haben, so groß sein wie Babys bei einer normalen Geburt und entlassen werden. "Ihre Prognose ist jetzt sehr gut, sie werden vollständig gesund werden."