Christlicher Führungskräftekongress im CCH mit Unionsfraktionschef Volker Kauder und Bürgermeister Olaf Scholz

Neustadt. Am Ende bekam Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) ein Geschenk. Ein Puzzle der Hamburger Landungsbrücken. Und einen handgroßen Sack. „Ich dachte schon, es wäre ein Geldsack“, sagt er mit Anspielung auf das Vorurteil gegenüber den Hamburger Pfeffersäcken. In dem Sack befanden sich aber lediglich Süßigkeiten. „Wir in Hamburg“, konterte Scholz, „gucken schon auf das Geld. Aber wir machen das ganz elegant.“

Kurz zuvor hatte Hamburgs Erster Bürgermeister sein Grußwort für einen Kongress gehalten, der bis zum Sonnabend mehr als 3000 christliche Manager im CCH vereint. Der Christliche Führungskongress berät mit Politikern wie Bundesinnenminister Lothar de Maiziére (CDU) und CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder sowie mit prominenten Unternehmerinnen wie Christiane Underberg, Geschäftsführerin der Underberg AG, und Annette Winkler, Leiterin smart bei der Daimler AG, über ethisches Handeln in Wirtschaft und Politik. „Christliche Führungskräfte spielen eine besondere Rolle. Sie denken nicht nur an die eigene Karriere und ihren Erfolg, sondern möchten anderen Menschen Arbeit und Wertschätzung geben“, sagte Kongressvorsitzender Horst Marquardt aus dem hessischen Wetzlar. „Mit dem Ehrbaren Kaufmann hat man in Hamburg eine Ahnung davon, was Werte sind“, fügte der methodistische Pastor hinzu.

Dass Werte für den Erfolg eines Unternehmens unverzichtbar sind, machte Bürgermeister Scholz in seinem Referat deutlich. „Wirtschaft ohne Werte verbindet Modernisierung mit sozialer Kälte“, sagte er. „Sie feiert Sieger und produziert Verlierer.“ Zu verantwortlicher Führungskultur gehöre auch die Fürsorge für die Arbeitnehmer. Zwar sei das Ethos der Bergpredigt aus der Bibel nicht immer realisierbar. Aber die Gesellschaft habe sich auf Werte wie Anstand, Fairness, Chancengleichheit und Würde verständigt. „Sie dienen in der neuen globalen Unübersichtlichkeit als Kompass.“ Volker Kauder, Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag, setzte in seinem Vortrag mit dem Thema Freiheit einen politischen Akzent. „Freiheit“, sagte der Politiker, „gibt es nur dort, wo es Religionsfreiheit gibt.“ Doch Religionsfreiheit sei für viele Staaten ein Ärgernis – „vor allem dort, wo der Islam Staatsreligion ist oder Muslime die Mehrheit haben“.

Mit dem Terror des Islamischen Staates (IS) würden nun Christen und weitere Glaubensrichtungen auch ohne staatliche Vorgaben verfolgt, so der Politiker. Als positives Signal bezeichnete es der CDU-Fraktionschef, dass sich jetzt führende islamische Gelehrte der anerkannten Azhar-Universität Kairo für eine Modernisierung des Islam ausgesprochen hätten. Das Christentum habe jedenfalls historisch die Entwicklung zur Aufklärung, zu Vernunft und Glauben, erlebt.

Welches Potenzial christliche Werte für das Betriebsergebnis haben können, stellte die katholische Unternehmerin Christiane Underberg in den Mittelpunkt. Das Unternehmen, das unter anderem den berühmten Magenbitter produziert, beschäftigt 1000 Mitarbeiter. Weltweit setzt die Firma pro Jahr rund 500 Millionen Euro um. „Wir“, sagte die gelernte Sozialarbeiterin„orientieren uns an den Werten der christlichen Weltanschauung.“ Dazu gehöre, dass man den anderen nicht als Gegner, sondern als seinen Nächsten wahrnehme und der Arbeitergeber sich im Zweifelsfall für die Barmherzigkeit entscheide. Man müsse den Mitarbeitern immer wieder eine neue Chance geben. Underberg verwies auf eine Studie, die nach einer Befragung von mehr als 100 Unternehmen die Bedeutung der „weichen Faktoren“ für den Erfolg einer Firma herausgefunden hat. Danach ist ein Viertel des betriebswirtschaftlichen Erfolgs von einer guten Unternehmenskultur abhängig.

Für smart-Chefin Annette Winkler geht es darum, dass die Mitarbeiter ihre Talente voll entfalten können – und dafür auch eine positive Rückmeldung erhalten. „Wir brauchen eine Kultur des Lobens. Das gibt Rückenwind.“ Deutlich grenzte sich die christliche Managerin von überzogenen Hierarchien ab. „Wir müssen Unternehmertum delegieren.“ Falsch sei es, alles immer kontrollieren zu wollen. Wir kontrollieren uns noch zu Tode.“ Das Christentum mit seiner Osterbotschaft sei ein „Entängstigungsprogramm für Führungskräfte und Mitarbeiter“. Die Chefin der Kleinwagensparte im Konzern appellierte an die Kongressteilnehmer, ohne lähmende Angst, sondern mit Begeisterung die Aufgaben zu bewältigen.

Kabarettreif war zum Kongressauftakt der humorvolle Vortrag des Kölner Psychiaters, Bestsellerautors und katholischen Theologen Manfred Lütz zum Thema „Bluff! Die Fälschung der Welt“. Doch im Kern ging es dem Chefarzt des Alexianer-Krankenhauses um eine ernste Sache: die Krise der Christentums. Er führt sie darauf zurück, dass viele Menschen nicht mehr an Gott glauben. Statt dessen lebten sie in „künstlichen Welten“ wie Internet und Fernsehen. „Dabei geht die Wirklichkeit, die existenzielle Erfahrung, verloren.“