Die CDU hat auch ihre letzten Hochburgen verloren und liegt in allen 104 Stadtteilen hinter der SPD. In Szenevierteln ist die Linke stark

Hamburg. Knapp 500 Einwohner, ein langer Deich und die letzte Hoffnung der CDU: Das war der Stadtteil Spadenland noch bei der letzten Bürgerschaftswahl vor vier Jahren. Gemeinsam mit dem Nachbarn Tatenberg gab es hier in den Vier- und Marschlanden auf der rotgefärbten Landkarte der Stadt die letzten schwarzen Flecken der CDU, nur dort hatte sie vor der SPD noch die Nase vorn und mehr Stimmen bekommen. Und nun sind auch diese beiden letzten Hochburgen der Hamburger Christdemokraten von der SPD erobert. Die Partei von Bürgermeister Olaf Scholz erreicht für die Landesliste in Spadenland 48,5 Prozent – vor vier Jahren waren es noch 39,1. Die CDU stürzt indes von 40,2 auf 27,5 Prozent. Immerhin, muss man fast sagen. Viel mehr war bei dieser Wahl nicht drin, die meisten Stimmen für die geschlagene Truppe von Oppositionsführer Dietrich Wersich gibt es mit 31,3 Prozent in Reitbrook, der ebenfalls ein Stadtteil im Bezirk Bergedorf ist. Doch auch dort führt die SPD, die in allen Hamburger Stadtteilen nun vor der CDU liegt. Zum Vergleich: Noch 2008 hatte die Hamburger CDU nach Auszählung der Stimmen in 80 Stadtteilen die Führung übernommen. Nichts zeigt den dramatischen Abstieg dieser Partei wohl so deutlich wie dieser Verlust der gesamten Stadt.

Selbst in Stadtteilen wie etwa in Winterhude oder auf der Uhlenhorst, wo die CDU heftig auf den Bürgerprotest gegen die Busbeschleunigung setzte, können sich die Christdemokraten diesmal nicht behaupten. So stark wie dieses Thema im Wahlkampf präsent war, so wenig Einfluss hatte es dann offenbar auf das tatsächliche Wählerverhalten. Vielleicht ließ sich die CDU hier von einem lautstarken Protest beflügeln, der aber in Wahrheit gar nicht von so vielen Bürgern getragen wurde. Zwar verliert die SPD einige Punkte beispielsweise in Winterhunde, bekommt aber deutlich mehr Stimmen als die CDU, die auch dort verliert.

Ganz übel sieht es für die Hamburger CDU aber in den Szenestadtteilen aus. In Altona-Nord und Altona-Altstadt liegt sie knapp unter fünf Prozent. In der Sternschanze und auf St.Pauli sind es sogar nur rund drei Prozent der Wählerstimmen, die von der CDU erreicht werden. Das von CDU-Politikern in Hamburg gern propagierte Profil einer liberalen Großstadtpartei wird dort vom Wahlvolk völlig ignoriert und die CDU spielt in der Liga einer Splitterpartei. Aber auch die Sozialdemokraten erreichen in diesen Quartieren keine Traumwerte und verlieren dort teils fast 10 Prozentpunkte. Auf St.Pauli und in der Sternschanze wird mit 27,9 und 29 Prozent sogar die Linke stärkste Partei. Ihren Spitzenwert von 31,9 Prozent erreicht die Linke allerdings im Hafen, im Stadtteil Kleiner Grasbrook/Steinwerder. Dort gibt es zwar überwiegend nur Gewerbe, aber auch eine größere Wohnsiedlung, die gefühlt aber eher zur Veddel gehört. Im Stadtteil Sternschanze führen mit 27 Prozent auch die Grünen ganz knapp vor der SPD. Die Linke kann damit für sich verbuchen, als einzige Partei in Hamburg neben der SPD Stadtteile gewinnen zu können. Die SPD hat zwischen Roter Flora in der Schanze und der Reeperbahn auf St.Pauli mit 27 und 26,6 Prozent zudem ihre hamburgweit schlechtesten Ergebnisse.

Während mitten in der Stadt der Links-Protest besonders erfolgreich erscheint, macht das rechte Protest-Lager um die AfD eher im äußeren Ring ihre Punkte: Billbrook, Billstedt, Moorfleet und Neuland – dort erreicht die neue Partei Werte von gut zehn Prozent. In Gebieten, die nicht richtig Land, aber auch noch nicht richtig Stadt sind. Die geprägt sind von Gewerbe, großen Straßenzügen und teils auch hohem Ausländeranteil.

Ähnlich homogen, aber von ganz anderer Struktur sind bei dieser Wahl auch die liberalen Hochburgen. Der beinharte Wahlkampf von Katja Suding führte erwartungsgemäß vor allem in den Elbvororten zum Erfolg: In Blankenese, Othmarschen und Nienstedten kommt sie auf Werte um 20 Prozent, ebenso in der HafenCity. Ein klares Bild zeigt aber auch: Überall wo die Liberalen sehr schlecht abschneiden, sind die Linken und die Grünen stark. Wie überhaupt ein großer Stimmenanteil für die Linken oft mit einem guten Ergebnis für die Grünen einhergeht: So in Altona, auf St.Pauli oder in der Sternschanze, in Eimsbüttel und Ottensen.

Die SPD indes hat ihre größten Stärken mit Ergebnissen von mehr als 50 Prozent außerhalb der Kernstadt: Auf der Elbinsel Finkenwerder sind es sogar 58 Prozent. In Langenhorn oder Lurup kommt die Partei ebenfalls auf ein sehr starkes Ergebnis von etwa 55 Prozent. Solide, eher unaufgeregte Stadtteile, die damit genau die Eigenschaften aufweisen, die man auch dem neuen und alten Bürgermeister zuschreibt.