In Deutschland sind 69 Prozent der Frauen und 78 Prozent der Männer im erwerbsfähigen Alter berufstätig. Vor gut zehn Jahren war die Erwerbstätigenquote noch deutlich geringer (2002: Frauen 59%, Männer 72%). Kurzum: Immer mehr Personen in Deutschland arbeiten, und der Abstand zwischen den Geschlechtern wird zunehmend kleiner.

Jedoch unterscheiden sich die Beschäftigungsverhältnisse von Frauen gegenüber denen von Männern noch immer sehr deutlich. So sind zum Beispiel 57 Prozent aller Selbstständigen männlich, und auch beim Beamtenstatus liegen die Männer mit 60 Prozent deutlich vorne. Dagegen stellen Frauen zwei Drittel aller ausschließlich geringfügig entlohnten Beschäftigten. Noch einseitiger ist das Verhältnis, wenn es um Führungspositionen geht. In ganz Deutschland liegt der Anteil von weiblichen Entscheidungsträgern bei rund 20 Prozent. In Unternehmen mit über 500 Mitarbeitern sind es aktuell lediglich neun Prozent, und in den 200 größten Unternehmen ist sogar nur etwa jede zwanzigste Managementposition von einer Frau besetzt. In verschiedenen internationalen Vergleichsstudien belegt Deutschland damit einen der letzten Plätze.

Für eine Verbesserung soll die Frauenquote sorgen. Nach der Verabschiedung des Gesetzes zur Einführung einer Quote für weibliche Aufsichtsräte müssen bei uns ab 2016 – zumindest in allen großen Börsenunternehmen – sukzessive ein Drittel aller Aufsichtsratsmandate mit Frauen besetzt werden. Für die meisten Berufstätigen wird sich erst einmal nichts ändern. Weitreichende Auswirkungen würde die Frauenquote erst dann haben, wenn sie erstens für mehr Unternehmen und zweitens auch andere Führungspositionen gelten würde. Jedoch sind eben diese Auswirkungen umstritten, und vor allem stößt die Quote zurzeit noch auf eine geringe Akzeptanz, sodass sich die Politik lediglich auf eine Veröffentlichungspflicht für Zielgrößen und Fristen sowie Absichtserklärungen, die sich die Unternehmen selber setzen, verständigt hat.

Unabhängig von den gesetzlichen Vorgaben sind sich zwei von drei Bürgern sicher, dass mehr Frauen in Führungspositionen der deutschen Wirtschaft guttun und helfen, den Erfolg von Firmen zu steigern. Jedoch herrscht große Uneinigkeit zwischen den Geschlechtern. So erachten vier von fünf Frauen ein Umdenken für dringend nötig, jedoch nur jeder zweite Mann. Vor allem die jüngeren Männer äußern sich skeptisch, sehr wahrscheinlich, weil sie um die eigenen Karrierechancen fürchten. Aufgeschlossener zeigen sich dagegen die männlichen 50- bis 64-Jährigen, die die Vorteile einer stärkeren Durchmischung besser erkennen.

Dass Frauen in Zukunft eine deutlich größere Rolle in der Arbeitswelt spielen werden und auch müssen, steht für mich fest. Im Durchschnitt sind sie schlicht und einfach qualifizierter als Männer. Bereits heute sind 54 von 100 Abiturienten weiblich, an Hochschulen sind mehr Studentinnen als Studenten eingeschrieben (mit Ausnahme der MINT-Fächer), und sie erlangen häufiger einen Abschluss als ihre männlichen Kommilitonen. Zudem liegt der Notendurchschnitt – unabhängig vom Schulabschluss – bei Frauen stets über dem von Männern.

Aber nicht nur die Qualifikation spricht für einen höheren Anteil von Frauen in Entscheidungspositionen. Auch könnte auf diese Weise dem bevorstehenden Fachkräftemangel begegnet werden, denn bereits heute geben mehr als zwei von fünf Unternehmen an, nicht ausreichend qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. Verschiedene Studien weisen zudem nach, dass die Effektivität mit einem höheren Frauenführungsanteil steigt.

Verschiedene Perspektiven, Denkweisen und Ideen gepaart mit einem weiblichen Führungsstil sorgen oftmals für ein besseres Gesamtergebnis als von einem einseitig männlich geprägtem Unternehmen. Auch wird so der Imagefaktor geprägt: Durch Chancengleichheit und eine zukunftsweisende Zusammensetzung des Managements wird das Unternehmen von Kunden und Fachkräften besser bewertet und erlangt hierdurch einen Wettbewerbsvorteil.

Und es darf nicht vergessen werden, dass Frauen mehr als zwei Drittel aller Kaufentscheidungen treffen – von der Wohnungseinrichtung bis zum Auto. Da erscheint es nur logisch, dass auch die Angebotsgestaltung verstärkt von Frauen bestimmt wird.

Zum Schluss bleibt die Frage: Was muss zukünftig getan werden, um diese Potenziale besser zu nutzen? Für mich sind zwei Dinge entscheidend.

Erstens eine bessere Entlohnung von Frauen, da sie bei gleicher Qualifikation immer noch rund 20 Prozent weniger verdienen als Männer.

Und zweitens eine umfassendere Verbindung von Beruf und Privatleben, denn gerade die junge Generation von Frauen möchte nicht das eine für das andere vernachlässigen. Ändert sich das nicht, stehen dem Wirtschaftsstandort Deutschland schwere Zeiten bevor.

An dieser Stelle schreibt jeden Montag Prof. Ulrich Reinhardt von der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen