Antrag von Nachbarn erfolgreich. Hamburg hat zu groß geplant, entscheidet Justiz

Hamburg. Das Verwaltungsgericht Hamburg hat einen vorläufigen Baustopp für die geplante Flüchtlingsunterkunft mit 220 Plätzen an der Sophienterrasse in Harvestehude verhängt. Das Gericht gab einem Eilantrag von Anwohnern statt, die sich gegen eine Baugenehmigung für die Einrichtung im ehemaligen Kreiswehrersatzamt gewendet hatten.

Zu den Gründen für die Entscheidung sagte Andreas Lambiris, Sprecher des Verwaltungsgerichts: „Die Antragsteller, deren Grundstücke in dem gleichen Baublock wie die geplante Unterkunft liegen, können sich auf den sogenannten Gebietserhaltungsanspruch berufen.“ Der geltende Bebauungsplan weise das Gebiet als besonders geschütztes Wohngebiet aus. Bei der Unterbringung von Flüchtlingen handele es sich aber nicht um eine Wohnnutzung im engeren Sinne, sondern um eine wohnähnliche Nutzung in einer sozialen Einrichtung, so Lambiris. Und diese sei in der geplante Größe nicht zulässig.

Eimsbüttels Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) kündigte an: „Wir legen gegen diese Entscheidung sofortige Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht ein. Wir bleiben bei unserer Auffassung, dass die von uns erteilte Baugenehmigung für die Flüchtlingsunterkunft rechtmäßig ist.“ Das städtische Unternehmen Fördern & Wohnen , das von der Sozialbehörde mit dem Betrieb und dem Umbau der Einrichtung beauftragt ist, reagierte umgehend: „Die Bauarbeiten in dem Gebäude an der Sophienterrasse wurden sofort eingestellt“, sagte Fördern-&-Wohnen-Chef Rembert Vaerst dem Abendblatt.

Ursprünglich sollten die ersten Bewohner bereits Ende April in die Unterkunft einziehen. Doch dieser Zeitplan kann wohl nicht eingehalten werden. Denn bis das OVG eine Entscheidung fällt, kann es Monate dauern. Selbst wenn die höhere Instanz der Stadt Recht gäbe, könnten die Bauarbeiten erst danach fortgesetzt werden. Die Nachbarn, die den Eilantrag eingereicht hatten, werden von Rechtsanwalt Gero Tuttlewski vertreten: „Das Gericht ist unserer Auffassung gefolgt, dass eine Flüchtlingsunterkunft in dieser Größe in einem besonders geschützten Wohngebiet nicht zulässig ist. Natürlich freuen wir uns über diese Entscheidung“, sagte Tuttlewski.

SPD-Fraktionschef Andreas Dressel appellierte an die Bürger: „Angesichts der Not vieler Flüchtlinge sollte sich jeder fragen, ob der eigene ,Gebietserhaltungsanspruch’, auf den das Verwaltungsgericht seine Entscheidung in Harvestehude gegründet hat, auch mal zurückstehen kann.“ Denn Flüchtlinge gut unterzubringen sei nicht nur „unsere gesetzliche, sondern auch unsere humanitäre und moralische Pflicht.“ Der CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Andreas Wankum hatte auf rechtliche Schwierigkeiten bei der Genehmigung hingewiesen und warf dem SPD-Senat nach der Entscheidung „Geldvernichtung“ vor: „Die Stadt lässt Fördern & Wohnen ein Gebäude umbauen, obwohl das Risiko eines Baustopps bekannt war. Die Kosten für dieses Fehlverhalten bezahlen im Endeffekt die Bürger.“