Eine Glosse von Elisabeth Jessen

Spätdienst hat seine Vorteile. Man fängt zwar erst an zu arbeiten, wenn die anderen zu Mittag schon Richtung Kantine wandern, aber dafür gibt es in den Geschäften der City keine Warteschlangen an den Kassen, ja überhaupt sind erstaunlich wenig Leute in unterwegs. Und das so kurz vor Weihnachten. Vielleicht liegt es am Regenwetter.

Weil noch jede Menge Zeit bis Dienstbeginn und der Laden meines Telefonanbieters gerade fast menschenleer ist, entschließe ich mich, ein Problem anzugehen, das mich schon lange ärgert: Ich kann im Ausland keine SMS verschicken.

Im Laden drückt man mir einen schwarzen Quader in die Hand. „Dauert keine fünf Minuten, dann sind Sie dran“, sagt mir der Mitarbeiter am Tresen im Erdgeschoss und schickt mich nach oben. Dort nehme ich auf einem Hocker Platz. Auf einer großen Leinwand läuft ein Film in Endlosschleife. Eine Enkelin zeigt darin ihren Großeltern, was man mit einem Tablet alles anstellen kann und macht Selfies mit ihrer Oma. Opa strahlt. Rührend irgendwie. Auf der anderen Seite des Ladens öffnen die Fenster den Blick auf die Binnenalster. Grau ist es draußen und regnet unaufhörlich. Dafür ist es im Telefonladen warm und trocken. Und das Sitzen fühlt sich zunehmend entspannt an. Es vergehen fünf Minuten, zehn Minuten, 15 Minuten... mich umfängt ein umfassendes Wohlgefühl – ich genieße dieses sinnfreie Sitzen.

Irgendwann vibriert das schwarze Ding vor mir und reißt mich aus der Lethargie. Eine Mitarbeiterin hat nun Zeit für mich und kümmert sich um mein Anliegen. Was soll ich sagen: vergeblich. Weder sie noch ihr Kollege, den sie am Telefon befragt, können klären, warum mich zwar überall im Ausland zuverlässig die SMS des Telefonbieters erreichen, in denen er mich über die jeweiligen Gebühren informiert, ich aber keine Kurznachrichten verschicken kann. Sie tippt wild auf meinem Handybildschirm herum, sucht sogar im Internet nach Lösungen für mein Problem und muss doch schließlich aufgeben. Fast tut mir die Kundenberaterin leid. Ich bin adventsmilde gestimmt und verabschiede mich mit tröstenden Worten.

Allerdings ist jetzt noch ein neues Mysterium dazugekommen. Seit die Kundenberaterin mein Handy in der Hand hatte, sind die Nachnamen in meinem Adressbuch kursiv. Was das zu bedeuten hat? Ganz einfach: Kursiv kommt von lateinisch currere – rennen. Na also: Es läuft!