Angela Reverdin Gabriel ist eine von 34 sogenannten Ambassadoren. Sie sollen die Stadt Hamburg in der Welt bekannter machen. Eine schöne, aber schwierige Aufgabe. Darüber berichten die Botschafter von Atlanta über Buenos Aires bis Tokio

No! Nach Hamburg wollten sie nicht reisen. Das läge doch fast am Nordpol. Sei immerzu grau und nirgends Sonne, keinerlei Kultur, was sollten sie da denn bitteschön anschauen? Die Ablehnung, mit der Angela Reverdin Gabriel in Marseille konfrontiert wurde, als sie den 42 Franzosen im Rotary Club eine Reise in ihre Heimatstadt vorschlug, war groß. „So viele Vorurteile und Klischees hatte ich nicht erwartet“, sagt Reverdin Gabriel, die es durch den Diplomatenjob ihres Mannes vor elf Jahren nach Südfrankreich verschlagen hat, wo sie eigentlich gar nicht hinwollte. Zuvor hatte das Paar in den USA gelebt, die angelsächsische Mentalität passte viel besser zu ihr als die südfranzösische, aber: C’est la vie!

Reverdin Gabriel gehört nicht zu der Sorte Frau, die lange über Dinge lamentiert, die sich nicht ändern lassen. Sie verwandelt sie in eine Chance. Und die kam 2008 mit Ole von Beust. Zum 50. Jahrestag der Städtepartnerschaft zwischen Hamburg und Marseille ernannte er Angela Reverdin Gabriel zur HamburgAmbassadorin. „Ein sehr ergreifender Moment in meinem Leben. Nun hatte ich die Aufgabe, etwas für die Stadt zu tun, in der ich aufgewachsen bin und an der ich so hänge.“ Mit großem Enthusiasmus sagte sie zu, doch sie konnte nicht ahnen, welche Herausforderung auf sie wartete.

2005 wurde das Netzwerk der HamburgAmbassadoren ins Leben gerufen, um die Bekanntheit Hamburgs im internationalen Wettbewerb zu steigern. Beteiligt sind die HWF (Hamburgische Gesellschaft für Wirtschaftsförderung mbH), die Senatskanzlei, die Handelskammer sowie die Hamburg Marketing GmbH. Aus ihren Reihen setzt sich das Auswahlgremium zusammen, das die Vorschläge prüft, die aus allen Hamburger Behörden und Institutionen kommen dürfen. Kein Kandidat kann sich selbst für das Amt bewerben. Man wird vom Ersten Bürgermeister berufen aufgrund seiner Position und seines Rufes, den man sich in seiner Wahlheimat erarbeitet hat.

Angela Reverdin Gabriel war in New York eine erfolgreiche Fundraiserin, und in Marseille ist sie im Vorstand vom Maison Allemande. Jetzt in der Adventszeit singen sie dort deutsche Weihnachtslieder, der Stollen wird extra eingeflogen, und es gibt Glühwein – ein Unding für Franzosen, aber: C’est la vie des Allemands.

Wenn Angela Reverdin Gabriel über ihr Leben in Frankreich und den USA erzählt, dann fehlen ihr manchmal die deutschen Worte, solange lebt die Kosmopolitin bereits im Ausland. Aber sobald sie über Hamburg spricht, steht ihre Herkunft wieder felsenfest. Reverdin Gabriel wirkt wie eine Hanseatin aus dem Buche. Galant, informiert, weltgewandt. Understatement wirkt bei ihr natürlich, nicht bemüht. Ihr Alter müsse nicht in der Zeitung erscheinen, ach bitte nicht, dabei weiß die Mutter von zwei Töchtern und Oma von drei Enkeln genau, dass sie 20 Jahre jünger aussieht. Mindestens. Graues Michael-Kors-Kleid, Diamantringe, blonde Haare, großer Schal. Eine Idealbesetzung, wenn es darum geht, der Stadt Hamburg im Ausland ein Gesicht zu geben.

Ein Gesicht, das jedoch nicht nur artig lächelt, sondern seine Ziele durchzusetzen weiß. Natürlich akzeptierte Reverdin Gabriel die Ablehnung der Rotarier nicht und schleppte sie nach Hamburg, wo sich die Widerwilligen schließlich kaum satt sehen konnten an der Architektur und der Alster. „Ich musste die Franzosen zwar überreden, aber nur so können Vorurteile abgebaut werden“, sagt Reverdin Gabriel, die damit bewiesen hat, dass Botschaften am besten von Herzen weitergegeben werden. Egal wie viele Pressemitteilungen oder Marketing-Kampagnen erdacht werden, die die Aussage „Hamburg ist schön“ transportieren – sie verpuffen im globalen Wettkampf der Städte.

Viel wirksamer sind Menschen, die vor Ort agieren. „Das Engagement der HamburgAmbassadors kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Sie sollen die Visionen Hamburgs in die Welt tragen und im Ausland über neue Projekte wie die HafenCity informieren“, sagt Stefan Matz von der Hamburgischen Gesellschaft für Wirtschaftsförderung. Die Kommunikation funktioniert bestenfalls in beide Richtungen: Für Hamburg sind die Ambassadors ein Türöffner, für die an Hamburg Interessierten in aller Welt agieren sie als Ansprechpartner, Informanten und als Unterstützer.

Das Problem dabei: Es gibt weltweit noch zu wenig an Hamburg Interessierte. „Machen wir uns nichts vor. Der Großteil der Marseiller Bevölkerung kann mit Hamburg nichts anfangen, es gibt zu wenig Berührungspunkte“, sagt Angela Reverdin Gabriel, und viele ihrer Ambassador-Kollegen haben ebenfalls den Eindruck, noch einen weiten Weg vor sich zu haben. Dieter Elsner aus Atlanta beispielsweise konnte sich bei seinem Versuch, mehr Aufmerksamkeit zu erwecken, „im Laufe der Zeit eines stärker werdenden Don-Quijote-Gefühls nicht erwehren. Aus der Sicht der Südstaaten ist Hamburg fast unbekannt.“ Wenn Elsner dort jemanden auf Hamburg anspricht, muss er zunächst klarmachen, dass es sich nicht um das Hamburg in New York State handelt, sondern dass es in Deutschland auch eins gibt. „Bei dem Stichwort Deutschland hört man dann nur noch Kommentare über Heidelberg, das Oktoberfest und Lederhosen.“

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