In der Neuen Mitte Altona entstehen in einem ersten Bauabschnitt 1600 Wohnungen, eine Schule, Kitas und ein Park. Erste Bedenken des Baudezernats an der geplanten Bebauung werden bereits lauter.

Altona. Vor sieben Jahren schon hatte die Stadt mit den ersten Planungen begonnen, am gestrigen Dienstag nun haben Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) und Vertreter der Investoren den symbolischen ersten Spatenstich für die Neue Mitte Altona gesetzt. Auf der ehemaligen Gewerbefläche am früheren Altonaer Güterbahnhof beginnen nun die Erschließungsmaßnahmen: Zunächst werden neue Straßen und Versorgungsleitungen gebaut, im kommenden Sommer soll dann mit dem eigentlichen Hochbau für den komplett neuen Stadtteil begonnen werden.

Neben einer Schule, Kitas und einem 27.000 Quadratmeter großen Park sind zehn große Wohnblöcke mit jeweils etwa 160 Wohnungen geplant. Rund 400 Millionen Euro investieren die drei beteiligten Investorengruppen nach Branchenschätzungen insgesamt in diesen ersten Bauabschnitt der Neuen Mitte. Nach der jüngst von der Bahn beschlossenen Verlegung der Fernbahngleise zur nahen S-Bahn-Station Diebsteich können im zweiten Abschnitt vom Jahr 2024 an noch einmal etwa 1700 weitere Wohnungen hinzukommen.

Scholz erinnerte in seiner Rede an die Notwendigkeit des Wohnungsbaus in Hamburg: Jedes Jahr würde die Stadt um 10.000 neue Bewohner wachsen. „Wir können daher nicht aufhören mit dem Wohnungsbau“, sagte Scholz, der den Behörden die Zielzahl von 6000 Wohnungen pro Jahr vorgegeben hat.

Rund 35.000 Baugenehmigungen hat die Stadt laut Senat seit 2001 erteilt. Allerdings müsste man die Wohnungen nicht am Rand, sondern mitten in der Stadt, wie eben in der Neuen Mitte, bauen, sagte Scholz und gab in seiner Rede ein deutliches Plädoyer für eine „gemischte“ Stadt ab. Man dürfe nicht die Fehler der 1960er- und 1970er-Jahre wiederholen und Funktionen wie Wohnen, Arbeiten und Freizeit trennen. Doch man müsse vor allem auch bezahlbare Wohnungen bauen, sagte Scholz und erinnerte an die teils harten und langen Verhandlungen mit den Investoren dazu, zu denen unteren anderem der Hamburger ECE-Konzern gehört,.

Tatsächlich hatte die Stadt das Areal zu einer Art „Sonderplangebiet“ erklärt und sich damit ein mögliches Vorkaufsrecht gesichert. Mit diesem Mittel hatten die Senatsvertreter unter anderem eine Kostenbeteiligung bei der Erschließung verhandelt und per Vertrag einen Drittelmix aus Sozialwohnungen, Eigentumswohnungen und frei finanzierten Mietwohnungen festgelegt. „Das hat die Investoren wohl manchmal an die nervliche Belastungsgrenze gebracht“, sagte Scholz und ließ in der Wortwahl wenig Zweifel, dass die Stadt bei dieser Linie bleiben wird.

Der Bürgermeister dürfte dies vor allem mit Blick auf das große Nachbargrundstück gesagt haben: Dort plant der dänische Carlsberg-Konzern die Verlagerung der Holsten-Brauerei und verhandelt bereits mit Wohnungsbauinvestoren über das Grundstück, auf dem nach Einschätzung von Stadtplanern der Bau von gut 600 weiteren Wohnungen möglich wäre.

Idee von André Poitiers

Auch ECE-Chef Alexander Otto erinnerte an die Verhandlungen mit der Stadt und sprach von einem „großen Geben und Nehmen“, an dessen Ende zwar „harte Rahmenbedingungen“ für die Investoren, aber auch eines der „vielleicht spannendsten Bauprojekte der Republik“ stehen würden. Eine gegenüber anderen Quartieren verringerte Zahl von Pkw-Stellplätzen oder auch die besondere Berücksichtigung von Genossenschaften und Baugemeinschaften mache die Neue Mitte zu einem „besonders innovativen Stadtteil“ , der neue Wege im Städtebau aufzeige.

Ähnlich wie Otto äußerte sich auch Joachim Wieland, der Vorstand der Aurelis Real Estate Management. Die frühere Immobilientochter der Bahn ist vor einigen Jahren schon privatisiert worden.

In Altona besitzt das Unternehmen unter anderem die alten Güterbahnhallen in der Neuen Mitte, die als kleines Zentrum des neuen Stadtteils erhalten bleiben. Man sei nicht gerade als „Oberdiplomaten“ in Sachen Stadtentwicklung bekannt in der Republik, so Wieland. In Hamburg aber habe die Entschlossenheit und Orientierung an Lösungen der Verhandlungspartner imponiert und zum guten Ergebnis geführt. Aurelis werde hier rund 100 Millionen Euro investieren und sich auch langfristig engagieren, sagte Wieland

Bedenken an dem Ergebnis der Verhandlungen gibt es allerdings im Bezirk Altona, der wegen der Größe des Projekts nur mittelbar beteiligt wurde. Zu eng, zu hoch, zu wenig Sonne, so lautet das Urteil des zuständigen Baudezernenten über die geplante Bebauung. Doch Bezirksamtsleiterin Liane Melzer (SPD) gab sich am Dienstag versöhnlich. Fehler könnten im zweiten Bauabschnitt ja vermieden werden, weil das Gelände der Stadt gehöre, sagte sie. „Dennoch ist das aber ein schöner Tag für Altona – wann bekommt man schon einen komplett neuen Stadtteil hinzu?“