An der Ski-Akademie üben Jung und Alt für den Wintersport. Kurse am Institut für Bewegungswissenschaft der Uni

Rotherbaum. Früh übt sich, wer bald skifahren will: Die Zwillinge Benjamin und Felix Hilprecht trainierten am Sonntag schon mal in einer Sporthalle der Universität Hamburg. Die beiden Vierjährigen nahmen dabei, mit Helmen geschützt, kleine Stürze von ihren Rollsportgeräten spielend in Kauf. „Im Winter“, sagt ihre Mutter Anne-Marie Hilprecht, „wollen wir mit den Kindern erstmals zum Skifahren nach Garmisch-Partenkirchen fahren. Hier, in der Halle können sie frühzeitig mehr Geschicklichkeit lernen“. Denn das, weiß die Modemanagement-Studentin aus eigener Erfahrung, braucht man beim Skilaufen ganz besonders.

Die Sporthalle am Turmweg stand am Sonntag für die Ski-Akademie der Uni Hamburg offen. Organisiert wurden die kollektiven Leibesübungen von Mitarbeitern des Arbeitsbereiches Sport- und Bewegungsmedizin am Institut für Bewegungswissenschaft der Uni Hamburg. Gut 300 Besucher im Alter von vier bis 80 Jahren erhielten mehrere Stunden lang praktische Tipps für eine bessere Balance auf alpinen Brettern. „Denn wer Wintersport macht, sollte sich optimal vorbereiten“, sagt der Hochschullehrer Volker Nagel, der seit vielen Jahren am Institut für Bewegungswissenschaft arbeitet. Dabei gehe es keineswegs allein um Kondition, sondern ebenfalls um die Fähigkeit von Balance und Koordination. „Und um Tricks und Lösungen, damit man in Notsituationen rasch reagieren und so die Folgen eines Unfalls minimieren kann“, fügt Nagel hinzu.

Bei den Trockenübungen auf dem Sportgelände stand eine Vielzahl von Geräten zur Auswahl. Die vierjährigen Zwillinge versuchten, auf Skateboards eine kleine Neigung zu überwinden. Andere Gäste der Ski-Akademie bemühten sich mit Knieschützern auf einem Balancier-Kreisel um Haltung, was auch im wahren Skifahrerleben von Bedeutung ist. Selbst so genannte Wobbler konnten genutzt werden, um spielerisch das Gleichgewicht für Beine und Füße zu trainieren. „Kippelgeräte“, sagt Ski-Experte Nagel, „sind wichtig für Geschick und Fitness auch im Wintersport.“

Derweil stieg der 74-jährige Kinder- und Jugendarzt Christian Hofert auf einen Tretroller für Erwachsene, um draußen seine Runden zu ziehen. Dabei hüpfte er von einem Bein auf das andere, was die persönliche Koordinationsfähigkeit optimiert. Seit fast 15 Jahren besucht der pensionierte Facharzt die Kurse, die der Förderverein am Institut für Bewegungswissenschaft für jung und alt anbietet. „Fit ab 50? Fit, geschickt, gewitzt bis 100!“ lautet zum Beispiel eine Reihe, die Wohlbefinden bis ins hohe Greisenalter verspricht. „Meine Kondition“, sagt Hofert, „hat sich kontinuierlich verbessert. Und ich bin sicherer im Gleichgewicht geworden.“ 12 Mitarbeiter des Instituts betreuten am Sonntag bei Nieselregen die potenziellen Wintersportler.

Darunter war auch ein Doktorand, der an mehreren Probanden die Harmonie der beiden Beine erforscht. Was häufig nicht klappt, da es neben dem starken auch ein eher schwaches Bein gibt. Mit einem weiteren Gerät wurde die Geschicklichkeit der Besucher erfasst. Wie wichtig diese Fähigkeit ist, bringt Dozent Volker Nagel so auf den Punkt: „Das Gleichgewicht bildet das Zentrum im Netzwerk der Sinne.“ Alle Sinne seien vernetzt und zentriert im Gleichgewicht. Gerade im Wintersport sei das von besonderer Bedeutung.

Dass die jährliche Ski-Akademie großes Interesse findet, liegt auch an der Wintersport-Begeisterung der Hanseaten. Nach einer Studie der Sporthochschule Köln und der Stiftung Sicherheit im Skisport des Deutschen Skiverbandes (DSV) sind in Hamburg 15 Prozent der Einwohner aktive Skifahrer. Auf eine höhere Quote kommt kein anderes Bundesland.

Selbst die Bayern sind nicht ganz so skiverrückt wie die Norddeutschen. Man liebt eben das Besondere, was geografisch nicht vorhanden ist: hohe Berge mit Schneegarantie und Loipen, die gespurt sind.

Wer ein paar Trainingseinheiten im Trockenen absolviert hat, kann gut gerüstet auf die Piste. Der 60-jährige Volker Nagel, der zu den besten Inline-Skating-Lehrern gehört, hat ein vielfältiges und wissenschaftlich basiertes Übungsprogramm entwickelt. Es verknüpft spielerische Elemente mit dem Training von Kondition und Koordination. Jedes Jahr leitet der DSV-Lehrer zudem Ski-Sportreisen nach Norwegen, wo Schneehöhen von mindestens einem Meter garantiert sind. Dass die Norweger ihre Wege nicht streuen und dennoch weniger Glatteisunfälle bei Passanten entstehen, führt Nagel darauf zurück, dass sie ihre Geschicklichkeit viel stärker als die Deutschen trainiert haben.

Weitere Informationen über aktuelle Kurse: Förderverein am Institut für Bewegungswissenschaft, Tel. 040/42838-3605, E-Mail: inline@uni-Hamburg.de