Als ein Mann an Fieber erkrankte und die Feuerwehr in Schutzanzügen anrückte, bekamen die Bewohner Angst – und besetzten die Straße

Bahrenfeld. Die Angst kam mit den Männern in Schutzanzügen: Nachdem ein 18 Jahre alter Bewohner der Flüchtlingsunterkunft an der Schnackenburgallee am Donnerstagabend mit Fieber- und Übelkeitssymptomen behandelt und unter Schutzmaßnahmen in ein Krankenhaus gebracht wurde, haben zahlreiche Menschen ihre Quartiere in der Einrichtung aus Furcht vor einem Ebola-Fall in ihren Reihen verlassen. Mehr als 100 Flüchtlinge besetzten die Fahrbahn der angrenzenden Ausfallstraße und konnten erst am frühen Morgen von der Polizei und der Leitung der Erstaufnahme-Einrichtung überredet werden, in ihr Containerdorf zurückzukehren.

Obwohl den Medizinern relativ schnell klar war, dass die Leiden des 18-Jährigen auf eine einfache, wenn auch grundsätzlich nicht harmlose, Grippeerkrankung zurückgingen, beruhigte sich die Stimmung innerhalb der Einrichtung nach dem Abtransport des kranken Heranwachsenden nicht. Im Gegenteil: Gerüchte von bereits Verstorbenen und auf der Isolierstation des UKE liegenden Bewohnern heizten die Ängste derart an, dass zahlreiche Flüchtlinge eine Rückkehr in ihre Behausungen aus Furcht vor einer Ansteckung mit Ebola verweigerten.

Kurz vor 21Uhr hatte der Notruf des 18-Jährigen die Leitstelle der Feuerwehr erreicht. Er schilderte seine Symptome und den Verdacht, sich bei seinem Mitbewohner angesteckt zu haben, der bereits in einem Krankenhaus isoliert behandelt werde. Die Feuerwehr, der zwar kein Fall eines isolierten Ebola-Kranken in Hamburg bekannt war, die sich aber dennoch absichern wollte, schickte eine Rettungswagen-Besatzung zur Schnackenburgallee, mit der Maßgabe, sich selbst und den Patienten geschützt zu transportieren.

„Wir mussten von einer größeren Gefahr ausgehen“, sagte Manfred Stahl, Sprecher der Berufsfeuerwehr. „Bei Verdacht auf eine hoch infektiöse Krankheit werden die Standards höher gefahren.“ Die Rettungswagensanitäter zwängten sich daraufhin, ebenso wie weitere hinzugerufene Kollegen und der Notarzt, vor der Unterkunft in Schutzanzüge, bedeckten ihre Gesichter mit Schutzbrillen und Mundschutz. So stapften sie durch die Flüchtlingseinrichtung, für die Bewohner ein natürlich beunruhigender Anblick.

Ein Kurzdiagnoseverfahren nach den Richtlinien des Robert-Koch-Instituts brachte noch auf dem Gelände Gewissheit, dass auch dies nicht Hamburgs erster Ebola-Fall war, woraufhin die Sicherheitsvorkehrungen zurückgefahren wurden. Der Grippekranke wurde dann auch nicht in die Uniklinik Eppendorf (UKE), die mit dem Behandlungszentrum für hoch ansteckende Erkrankungen (BZHI) auf die Versorgung von Ebola-Kranken hoch spezialisiert ist, sondern in die Asklepios Klinik St. Georg gefahren.

Die Ärzte sollen den 18-Jährigen noch in der Nacht wieder entlassen haben. Er ist ebenso wenig durch Ebola gefährdet wie sein Zimmergenosse, der, wie die Polizei herausfand, nicht auf einer Isolierstation liegt, sondern in einem Krankenhaus wegen einer Hautkrankheit behandelt wird. Die überbrodelnde Gerüchteküche stoppte das nicht. Wahrscheinlich auch, weil die beruhigenden Informationen nur langsam ihren Weg zu den aufgeregten Menschen fanden.

Während die Feuerwehr ihren Einsatz gegen 23Uhr für beendet erklärte, ging auf der Schnackenburgallee nichts mehr. Die mehr als 100 Flüchtlinge standen und diskutierten auf der Straße und den Zufahrten der A-7-Anschlussstelle Volkspark. Polizisten und die Leitung der Einrichtung konnten die Bewohner letztlich beruhigen und überzeugen zurückzukehren.

Gegen 1Uhr war die Schnackenburgallee wieder frei. Einmal jedoch musste die Feuerwehr dann doch noch einmal zu der Flüchtlingsunterkunft ausrücken. Diesmal zu einer Frau. Die Dame hatte in der ganzen Aufregung einen Schock erlitten und musste behandelt werden.