Hamburger Geheimnisse: Das älteste Einkaufszentrum der Stadt

Neustadt. Sie wirken ein wenig, als wären sie aus der Zeit gefallen, die Passagen im venezianischen Baustil am Rathausmarkt, die die Alsterarkaden mit dem Neuen Wall verbinden. Wer sie betritt, kann sich ihrem Charme kaum entziehen, viele Menschen verlangsamen hier ihren Schritt, schauen sich um, verweilen. Doch die Auslagen in den Schaufenstern sind so einnehmend, dass kaum jemand einmal den Blick hebt. Wer es dennoch tut, ist überrascht: Die Decke im nordwestlichen Teil ist prachtvoll bemalt, ebenso die Wände über den Schaufenstern. „Mellin’s Nahrung“, steht hier beispielsweise in kunstvoller Schrift zu lesen.

„Dieser Mellin war Bisquitbäcker und handelte mit Kolonialwaren“, erklärt Stadtführerin Nicola Janocha. „Das war seine Art, Werbung zu machen.“ Anscheinend hatte Mellin auch viele internationale Kunden. Gegenüber dem Schriftzug „Mellin’s Nahrung“ steht nämlich auf Englisch zu lesen: „Mellin’s Food“.

Bei den 1864 erbauten Passagen handle es sich um die älteste und kürzeste Einkaufspassage Hamburgs, erzählt Nicola Janocha. „Die Damen vom Jungfernstieg konnten hier bequem bummeln, ohne sich schmutzig zu machen. Schließlich war es überdacht und gepflastert.“

Zwischenzeitlich waren die mehrsprachigen Hinweise auf Mellins Sortiment aber verschwunden. „Die Werbung war übermalt worden“, sagt die Stadtführerin. Als es dann an Silvester 1989 in einem dort untergebrachten vegetarischen Restaurant brannte, habe man beim Wiederaufbau die Jugendstilarbeiten entdeckt und restauriert.

Kaufmann Mellin würde sich sicher freuen, wenn er wüsste, dass seine Werbung heute noch zu sehen ist und an ihn erinnert.