Interview mit Nord-Chef der Gewerkschaft. Beim Streik geht es nur vordergründig um höhere Löhne.

Hamburg. Der Streit zwischen der Bahn und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) gehört zu den schwierigsten Tarifkonflikten überhaupt. Vordergründig geht es zwar um die Forderungen der GDL nach fünf Prozent mehr Lohn, einer Verkürzung der Wochenarbeitszeit von 39 auf 37 Stunden und einer Begrenzung der Überstunden. Doch die GDL will diesmal auch für Zugbegleiter und Bordgastronomen verhandeln. Dabei rivalisiert sie mit der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG).

Die Bahn will aber konkurrierende Tarifverträge verhindern, deshalb scheiterten bislang die Verhandlungen. Im Interview wehrt sich der Vorsitzende der GDL im Norden, Hartmut Petersen, gegen den Vorwurf, den Lokführern ginge es vor allem um eine Ausweitung ihrer Einflusssphäre.

Hamburger Abendblatt: Schon zum zweiten Mal innerhalb einer Woche bringen die Lokführer den Zugverkehr in Hamburg und ganz Deutschland zum Stillstand. Missbrauchen Sie da nicht Ihre Macht?
Hartmut Petersen: Nein, der Streik ist unabdingbar, weil uns die Bahn Gespräche über unsere wesentlichen Forderungen verweigert. Neben fünf Prozent mehr Lohn geht es uns auch um eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit.

Festgefahren sind die Gespräche aber doch deshalb, weil die GDL nun auch das übrige Zugpersonal vertreten will.
Petersen: Das ist durchaus berechtigt, da bei uns in der Gewerkschaft auch etwa 30 Prozent der Zugbegleiter organisiert sind. Es macht Sinn, auch für diese Gruppe mitzuverhandeln, da es in der Praxis auch zahlreiche Überschneidungen in den Aufgabenbereichen gibt.

Das sieht Ihre Konkurrenzgewerkschaft, die EVG, aber ganz anders.
Petersen: Es geht nicht um den Machtkampf zwischen zwei Gewerkschaften, wie immer wieder gern dargestellt.

Das Argument der Bahn, konkurrierende Tarifverträge zu vermeiden, scheint aber durchaus nachvollziehbar.
Petersen: Solch konkurrierende Tarifverträge gibt es auch in anderen Unternehmen, ohne dass es zum Chaos führt.

Wäre es aber nicht sinnvoll, die von der Großen Koalition geplante gesetzliche Grundlage zur Tarifeinheit abzuwarten, wie es die Bahn vorgeschlagen hat?
Petersen: Darauf können und wollen wir nicht warten, unser Tarifvertrag ist ausgelaufen. Außerdem sind die angebotenen zwei Prozent Lohnerhöhung für die Übergangszeit viel zu wenig.

Diesmal ist es schon vor Streikbeginn zu Zugausfällen gekommen. Warum?
Petersen: Das ist nicht unsere Schuld, sondern die der Bahn, die wohl vorsorglich darauf verzichtet hat, viele Züge losfahren zu lassen, um später den Betrieb schneller wieder aufnehmen zu können. Für uns war das nicht vorhersehbar.