Britta Ernst überlegte nur kurz nach dem Anruf von Regierungschef Torsten Albig

Kiel. Am Dienstag wurde es ernst für Britta Ernst. Um 9.30 Uhr stellte sie sich dem Kabinett und den Fraktionsvorsitzenden der Küstenkoalition vor. Wenig später trat Torsten Albig, der schleswig-holsteinische Ministerpräsident (SPD), gemeinsam mit der 53-Jährigen vor die Fotografen. „Ich habe Britta Ernst soeben zur Ministerin für Schule und Berufsbildung ernannt“, sagte Albig. Die Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion wird Nachfolgerin der zurückgetretenen Waltraud Wende (parteilos). Ernst ist nun Regierungsmitglied – genauso wie ihr Mann, der Bürgermeister Olaf Scholz (SPD). Sie in Kiel, er in Hamburg.

Diese neue Familienaufstellung hat ihre politisch heiklen Seiten. Erstens gibt es durchaus Streitpunkte zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg. Die Nachbarn sind nicht immer friedlich, der Streit um die Windenergiemesse hat das gezeigt. Da wäre es unerfreulich, wenn die Hamburger Seite quasi am Wohnzimmertisch erfahren könnte, welche Lösungsmöglichkeiten im Kieler Kabinett diskutiert werden. Ernst sagte am Dienstag auf entsprechende Fragen: „Ich vertrete die Interessen des Landes Schleswig-Holstein.“

Zweitens arbeitet in Schleswig-Holstein ein enger Verwandter von Ernst. Ihr Schwager Jens Scholz, der Bruder von Olaf Scholz, ist Vorstandsvorsitzender des Universitätsklinikums Schleswig-Holsteins (UKSH), des größten Arbeitgebers in Schleswig-Holstein. Ernsts Vorgängerin Waltraud Wende war als Wissenschaftsministerin für das Uniklinikum zuständig. Behielte man dies bei, würden sich Ernst und Scholz bei jeder Entscheidung des Verdachts eines Interessenkonflikts aussetzen.

Deshalb werden nun einige Kieler Ressorts neu zugeschnitten – ein seit Jahrzehnten in allen Regierungskreisen beliebtes Spiel, um die Dinge, die nicht ganz passen, passend zu machen. Ernst verliert die Wissenschaftsabteilung (45 Mitarbeiter), sie wandert in den Verantwortungsbereich der Sozial- und Gesundheitsministerin Kristin Alheit (SPD). Ernst bekommt aber auch was: Vom Wirtschaftsministerium erhält sie das Referat „Berufliche Ausbildung/Weiterbildungspolitik“ (zehn Mitarbeiter). Damit wird sie zur Chefin eines Ministeriums für Schule und Berufsbildung.

Die Opposition in Kiel findet den neuen Zuschnitt gar nicht gut. „Was, bitte, hat die Wissenschaft im Sozialministerium zu suchen?“, fragt sich der hochschulpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Daniel Günther. „Dieses wichtige Zukunftsthema wird so zum Randthema degradiert.“

Ernst will sich nun erst einmal einarbeiten. Das könnte schnell gehen. Nach einem Anruf von Torsten Albig habe sie sich am Vormittag des Sonnabends innerhalb von fünf Minuten entschieden, das Jobangebot anzunehmen, erzählt sie am Nachmittag ihres ersten Arbeitstages in Kiel. „Ich kann so schnell entscheiden“, sagt sie, als ein Journalist erstaunt nachhakt.

Hat sie ihren Mann gefragt? „Ich habe ihn nicht gefragt, ich habe mit ihm darüber gesprochen.“ Geht für sie mit dem Ministerposten ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung? „Ein bisschen schon“, sagt sie nachdenklich. „Zwischendurch war er etwas schwächer. Aber dann habe ich mich über den Anruf von Torsten Albig sehr gefreut.“ Albig freut sich mit. Er sei „ausgesprochen glücklich, dass sie zugesagt hat“. Ernst will sich nun eine kleine Wohnung in Kiel suchen.