Neustadt. Die kleine Cannabis-Plantage hatte er vor seinem Bett eingerichtet. Sein Kleiderschrank war in Teilen umgerüstet und als Trockenraum präpariert. Und die notwendige Erde lagerte er in der Badewanne. Es war schon richtig kreativ, wie Lasse M. (Name geändert) sein Jugendzimmer umgestaltet hatte. Die Mutter hatte ihr Schlafzimmer nur wenige Meter entfernt. Und doch ahnte die Frau in ihrem Reihenhaus in einem gutbürgerlichen Stadtteil Hamburgs lange nichts von den Machenschaften ihres Sohnes.

Heute ist der mittlerweile 25-Jährige „nachhaltig kuriert“, wie Lasse M. selbst sagt. Seit vor zwei Jahren die Cannabis-Plantage mit 24 Pflanzen sowie rund zwei Kilo aus einer früheren Ernte von der Polizei in seinem Zimmer entdeckt wurde und er es mit der Strafjustiz zu tun bekam, „lasse ich die Finger von dem Zeug und bin absolut clean“, erzählt der blasse, hochgewachsene Hamburger vor dem Landgericht. Vorher habe er zwei bis drei Joints täglich konsumiert. Drogenbesitz und Handel mit Betäubungsmitteln lautet die Anklage gegen den Kaufmann.

Gegen ein früheres Urteil des Amtsgerichts von 18 Monaten mit Bewährung hatte er Berufung eingelegt, sodass der Fall jetzt in zweiter Instanz neu verhandelt wird. Das Marihuana sei doch nur zum Eigenbedarf seines Mandanten gewesen, behauptet der Verteidiger. Doch die Staatsanwältin hält die Menge für zu hoch, „um zu glauben, dass er sich damit nur seine Joints bauen wollte“. Etwa ein Drittel sei zum Verkauf an Kumpels gewesen, räumt der Anwalt schließlich für den Angeklagten ein, „um den Kosten und Mühen der Arbeit mit der Plantage Rechnung zu tragen“. Ein Sachverständiger ist zum Prozess geladen, um zu ermitteln, wie viel des rauschbewirkenden Bestandteils der Cannabis-Pflanzen Lasse M. mit seiner Plantage habe erzielen können. Und so referiert der Kriminaltechniker und Biologe im Dienst der Polizei über männliche und weibliche Cannabis-Pflanzen, klärt die Prozessbeteiligten auf, dass es bei Cannabis eben nicht funktioniere mit den Bienen und Blumen, sondern mit Windbestäubung.

Der Sachverständige kann bei der Berechnung eines Ernteertrags auf reichlich wissenschaftliche Literatur zurückgreifen – aber auch auf ureigene Erfahrung. Er habe im Keller der Polizei eine Zeit lang zu Forschungszwecken „eine eigene Plantage betrieben“, berichtet der Biologe. „Aber die gibt es nicht mehr.“ Er habe das nicht weitermachen wollen, unter anderem wegen der sehr intensiven Pflege, die die Pflanzen brauchten. „Und es stinkt wie Teufel. Ich war froh, als das zu Ende war.“ Ob sich seine Mutter „nicht beschwert hat bei dem Gestank“, will die Staatsanwältin vom Angeklagten wissen. Doch die Geruchsbelästigung habe sich in Grenzen gehalten, erwidert der, denn er habe die Belüftung in seinem Zimmer geschickt geregelt. Aber der Energiebedarf im Haus, unter anderem für die Versorgung der Cannabis-Pflanzen mit reichlich Licht, kann die Mutter kaum entzückt haben. Der Stromverbrauch stieg in den Blütejahren teilweise auf das Sechsfache der sonst üblichen Menge an.

Am Ende kommt Lasse M. in der Berufungsverhandlung dann noch glimpflich davon. Das Gericht mildert in seinem Urteil die Freiheitsstrafe von anderthalb Jahren mit Bewährung auf elf Monate ab.