Eine Glosse von Friederike Ulrich

Den Spanier in der Neustadt hatte ich im Vorbeigehen entdeckt. Die Spieße mit Calamari und Scampi sahen, wie sie da in der Kühlvitrine dekoriert waren, unglaublich appetitlich aus. Der Gastraum hatte eine urige Atmosphäre: viel geschnitztes Holz, Wandgemälde und mehrarmige Leuchter. Das Restaurant, erzählte mir die Kellnerin, werde von einer Schaustellerfamilie betrieben. „Wir sind Gitanos aus Andalusien“, sagte sie. Ich wollte demnächst mal bei ihr essen.

Gestern hatte ich Lust auf einen Meeresfrüchte-Spieß. Doch als ich hinkam, ist die Vitrine leer. „Die sind im Kühlschrank“, beruhigt mich die Kellnerin. Als Vorspeise bestelle ich Chorizo in Piri Piri und kleine Tintenfische. Letztere seien ausverkauft, heißt es, aber das Brot komme gleich, es werde noch frisch gebacken. Minuten später ist es da – frisch gekauft von der Küchenhilfe, die mit einer blau-gelben Plastiktüte durch die Tür marschierte. Das Lachen bleibt mir im Halse stecken, als ich die Chorizo probiere: klein geschnittene Bratwurst in scharfsaurer Fertigsoße. „Es gibt rote und weiße Chorizo“, klärt die Kellnerin auf. Und welche, bitte, esse ich? „Die rosafarbene“, sagt sie. Der Meeresfrüchte-Spieß reißt alles raus, hoffe ich. „Aber wo ist der Spieß?“, frage ich angesichts der fünf Tintenfischringe und zehn kleinen Shrimps, die in – Überraschung! – scharfsaurer Fertigsoße schwimmen. „Den haben wir abgemacht, damit Sie besser essen können“, so die Kellnerin. Jetzt werde ich ärgerlich. Als ich auf die Frage, wie es schmecke, die Wahrheit sage, bekomme ich ein Dessert aufs Haus: ein Stück frittiertes Spritzgebäck. Immerhin mit Sprühsahne statt Fertigsoße.