Bei der Vorstellung des Konzeptes entwickelte Bürgermeister Olaf Scholz Visionen. Ist Olympia die Chance für den „Sprung über die Elbe“?

Hamburg. Es wehte ein kräftiger Hauch Patriotismus durch den Raum 151 im Rathaus, als Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) das Olympiakonzept des Senats vorstellte. Der häufig kritisierte Gigantismus, die Überdimensionierung, von denen die Spiele in den zurückliegenden Jahren zunehmend geprägt waren, werde in Hamburg keine Rolle spielen, falls die Stadt den Zuschlag bekäme. „Da bietet die Bürgertradition der Stadt eine gute Grundlage“, sagte Scholz.

In der jahrhundertealten Stadtrepublik gebe es ein Gefühl für die richtige städtebauliche Dimension. Alle herausragenden Bauwerke seien von Bürgern der Stadt finanziert worden und fügten sich in das Stadtbild ein. Es gebe eben keine klotzigen „Fürstenbauten“. Scholz sieht eine direkte Linie von der Tradition Hamburgs, alle wichtigen Infrastrukturen wie Hafen oder Flughafen innerhalb des Stadtgebiets zu konzentrieren, zum Olympiakonzept des Senats. „Es werden die kompaktesten Spiele und die der kürzesten Wege sein – und das mitten in der Stadt“, betonte der Bürgermeister.

Und mit der ihm eigenen schnörkellosen Nüchternheit setzte Scholz hinzu: „Olympia muss sich für die Stadt auszahlen.“ Die Spiele dürften und sollten kein „Einmalereignis“ sein, sondern möglichst viele Gebäude müssten nach den Wettkämpfen dauerhaft weiter genutzt werden. Mehr noch: Das Olympiakonzept ist so angelegt, dass es sich in die langfristige städtebauliche Entwicklung Hamburgs einfügt. So würde aus dem Olympiazentrum mit Olympiastadion, dem Olympischen Dorf und der Olympiahalle auf dem Kleinen Grasbrook ein neuer citynaher Stadtteil mit rund 3000 Wohnungen entstehen. Der viel zitierte „Sprung über die Elbe“ könnte mit der „Olympic City“ auf dem Kleinen Grasbrook als erstem Schritt in Richtung Süden und einer möglichen Verlängerung der U 4 über die Elbbrücken hinaus mehr Fahrt aufnehmen.

Wenn der Bürgersinn die eine Seite der Olympiamedaille ist, dann ist die Internationalität Hamburgs aus Scholz’ Sicht die andere. „Hamburg ist eine internationale Stadt. Die Hälfte der Grundschulkinder hat einen Migrationshintergrund“, sagte der Bürgermeister. Mit Olympia würde das „Tor zur Welt“, als das sich Hamburg gern bezeichnet, zum „Tor für die Welt“.

Das Olympiakonzept ist mit Beteiligung des Hamburger Sports und der Wirtschaft entstanden. „Hamburg wird zur Hauptstadt des deutschen Sports“, sagte Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer. Er erwarte insgesamt einen „deutlichen Sprung in der Sportentwicklung“, falls die Olympischen Sommerspiele in Deutschland ausgetragen würden. „Hamburg wird schon als Kandidatenstadt den Sprung zu einer wirklichen Weltstadt schaffen“, sagte Melsheimer. Wenn die Stadt die Spiele tatsächlich ausrichte, werde sie zur „Metropole Nordeuropas“.

Von einem „Traum für jeden Sportverein“ sprach Jürgen Mantell, Präsident des Hamburger Sportbundes. „Hamburg ist längst zu einer Sportstadt geworden. Breitensport und Leistungssport werden schon in der Bewerbungsphase weiteren Aufwind erfahren“, sagte Mantell. „Olympia in Hamburg wäre das Größte. Die kompakten Spiele sind ein athletenfreundliches Konzept“, sagte Ingrid Unkelbach, die Leiterin des Hamburger Olympiastützpunktes.

FDP-Fraktionschefin Katja Suding: Kosten nicht aus dem Blick verlieren

Alle Bürgerschaftsfraktionen und der Senat sind sich einig, dass die Hamburger im kommenden Frühjahr per Referendum über die Bewerbung der Stadt um die Ausrichtung der Spiele abstimmen sollen. CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich fordert ein parteienübergreifendes Bündnis für Olympia. „Es muss Schluss sein mit dem monatelangen Zögern an der Spitze der Stadt, die Aufbruch und Begeisterung bislang vermissen ließ“, sagte Wersich. Der Senat solle seinen Alleingang beenden und „unsere ausgestreckte Hand“ für ein Bündnis annehmen.

FDP-Fraktionschefin Katja Suding sprach von einem „guten Einstieg in Hamburgs große Olympiachance“. Dennoch blieben viele Fragen. „Dazu gehören Details der Finanzierung, der Sicherheit und des Transports, die wir nun prüfen werden“, so Suding. „Die Hochglanzpläne des Senats enthalten Ideen und Vorschläge, die auf den ersten Blick interessant sind. Aber schöne Pläne dürfen nicht von der Gretchenfrage ablenken, wie viel das alles kostet und wer das bezahlen soll“, sagte Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan. Vor einer Entscheidung für oder gegen Olympia müsse die Finanzierung verlässlich geklärt werden. Klare Ablehnung kam von den Linken. „Sollten diese Pläne umgesetzt werden, drohen alle Befürchtungen der Olympiagegner wahr zu werden: Mietsteigerungen, Verdrängung und Milliardenschulden sind so programmiert“, sagte der Linken-Sportpolitiker Mehmet Yildiz.

Scholz hatte sich bei der Frage nach den Kosten zurückgehalten. Im Konzept, das der Senat dem Deutschen Olympischen Sportbund zugesandt hat, ist nur von einem Investitionsbudget für die Sportstätten von 2,1 Milliarden Euro die Rede. „Wir können finanzielle Fragestellungen immer nur schrittweise beantworten“, sagte Scholz, bekannte sich aber ausdrücklich zur Schuldenbremse für den Landeshaushalt von 2020 an. Der wachsenden Begeisterung des anfangs in der Olympiafrage zurückhaltenden Bürgermeisters tat das keinen Abbruch: „Hamburg ist bereit. Das ist die Haltung des Senats.“