Landgericht sieht 30 Millionen Euro Schaden bei Omega-55-Geschäft – aber keine Untreue oder Bilanzfälschung

Hamburg. Es war der erste Prozess in Deutschland gegen einen kompletten ehemaligen Bankvorstand, und er ist mit einem Paukenschlag zu Ende gegangen: Das Landgericht Hamburg sprach die sechs früheren Vorstände der HSH Nordbank – Hans Berger, Dirk Jens Nonnenmacher, Jochen Friedrich, Peter Rieck, Hartmut Strauß und Bernhard Visker – vom Vorwurf der schweren Untreue frei. Nonnenmacher und Friedrich wurden darüber hinaus auch vom Vorwurf der Bilanzfälschung freigesprochen.

In dem ein Jahr andauernden Prozess ging es in erster Linie um die Transaktion Omega 55, mit der die HSH-Führung Ende 2007 versucht hatte, Risiken auszulagern und so ihre Eigenkapitalquote zu verbessern. Das Gericht sah es zwar als erwiesen an, dass die Vorstände ihre Pflichten verletzt haben, weil das milliardenschwere Kreislaufgeschäft mit der französischen Großbank BNP Paribas ohne ausreichende Prüfung abgeschlossen wurde, weil es „sinnlos“ und „nutzlos“ und letztlich zum Schaden der Bank war, so der Vorsitzende Richter Marc Tully. Die Schadenhöhe bezifferte er auf etwa 30 Millionen Euro, nachdem die Anklage von 158 Millionen gesprochen hatte.

Diese Pflichtverletzungen seien aber nicht so schwerwiegend gewesen, dass sie eine Verurteilung wegen Untreue gerechtfertigt hätten, so der Richter. Er berief sich auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshofs, wonach der Untreuetatbestand nur bei „gravierenden“ Pflichtverletzungen anzuwenden sei. Die Staatsanwaltschaft wollte sich noch nicht festlegen, ob sie in Revision geht.

Trotz der Freisprüche las der Richter den Angeklagten und den Eigentümern der HSH Nordbank – das sind vor allem die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein – mächtig die Leviten. Der angestrebte Aufstieg der Bank sei „Ausfluss der Selbstüberschätzung“ gewesen und die Behauptung, mit Omega 55 die Bilanz zu entlasten, nur „juristischer Augensand“. Den Angeklagten hätte etwas mehr „Demut und Einsicht in die Unzulänglichkeit des eigenen Handelns“ gutgetan, dann wäre das Gericht vielleicht schneller zu seinem Urteil gekommen.

Beendet ist die Aufarbeitung der HSH-Nordbank-Skandale noch lange nicht. Die Bank selbst kündigte an, ihre zivilrechtlichen Ansprüche gegen die Ex-Vorstände „mit allem Nachdruck fortführen“ zu wollen. Außerdem laufen weiterhin Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Kiel gegen Nonnenmacher und andere wegen falscher Verdächtigung im Zusammenhang mit dem Rauswurf von Ex-Vorstand Frank Roth.